G.F.Händel
|
22. Juli - St. Moriz Kirche |
Nese Pars
|
1984 |
[Sitemap ]
Ausführende |
Israelitin:
Nese Pars (Sopran) Bote: Christiane Westermann (Alt) Judas Maccabäus: Clemens Bieber (Tenor) Hohepriester Simon / jüdischerGesandter Epolemus: Darius Niemorowicz (Baß) |
Seitenanfang
|
Pressestimmen |
Dienstag, 24. Juli 1984 - "Neue Presse " Coburg |
|
Martin Potyra |
COBURG. - Unter neuer musikalischer Gesamtleitung präsentierte sich am Sonntag abend der Konzertchor Coburg/Sängerkranz in der mäßig besetzten Morizkirche. Leopold Schindler hatte in nahtlosem Anschluß die Nachfolge von Gerhard Deutschmann angetreten und gab sein dirigentisches Debüt mit dem Oratorium "Judas Maccabäus" von Georg Friedrich Händel. Neben dem Konzertchor wirkten instrumentaliter die Hofer Symphoniker und Marco Fröhlich am Continuo. Als Solisten waren zu hören Nese Pars (Sopran), Christiane Westermann (Alt), Clemens Bieber (Tenor) und Darius Niemirowicz (Baß).
Das dreiteilige Oratorium wurde von Händel 1746 komponiert und ein Jahr später uraufgeführt. Mit dieser Aufführung im Covent Garden errang Händel einen seiner größten Erfolge in England, denn, zeitbedingt durch vorangegangene kriegerische Ereignisse, wurde "Judas Maccabäus" zum Triumph- und Siegesgesang der gesamten Nation. Das gesamte Werk umfaßt mehr als 60 Einzelnummern, die zusammengenommen ein Spielzeit von zweidreiviertel Stunden ergeben. Leopold Schindler konnte sich zu keinerlei Strichen entschließen - ein monumentales, gewagtes Abenteur, das Chor, Orchester und Solisten mit Bravour und ohne Substanzverlust überstanden. Dessen ungeachtet hätten gerade im zweiten Teil ein paar Striche zuweilen auftretende Längen vermeiden helfen können. Schon die Ouvertüre machte die glänzende Disposition des Orchesters in allen Instrumentengruppen deutlich. Die Streicher strahlten auch in den bewegtesten Passagen größte Homogenität aus, und das Solocello wirkte mit runder Tongebung als solide Basis in den Rezitativen. Hervorzuheben sei dieses Instrument noch bei der Sopranarie "Du sinkst, ach", wo es den klagenden Kontrapunkt zur Singstimme bildete. Die Holzbläser (Oboen und Fagotte) überzeugten durch gleichbleibende Tonqualität, und die nur an den exponierten Stellen eingesetzten Trompeten und Hörner ("Blast die Trommet" oder der Schlußchor) brachten strahlende Höhen, im Ansatz makellos. (Zwei der Blechbläser sorgten durch offensichtliche zeitliche Desorientierung für eine Zwangspause aller Mitwirkenden und erschienen zum zweiten Teil etwas verspätet.) Der gesamte Orchesterapparat reagierte unmittelbar und beweglich auf die Zeichengebung Leopold Schindlers. Was dem Orchester recht war, konnte dem Chor nur billig sein. Man merkte ihm eine grundsolide Vorbereitung an, sowohl in stimmbildnerischer Hinsicht als auch die Interpretationsfeinheiten betreffend. Alle Einsätze kamen natürlich und fließend, von allen Stimmen in der jeweils gewünschten Dynamik. Zuweilen hätte man das Temperament der Bässe noch ein wenig zügeln können ("Zion hebt ihr Haupt empor"), was jedoch die weitgehende Homogenität dieses Klangkörpers kaum berührte. Auch die Sprachdeutlichkeit des Chores konnte vorbildlich genannt werden. In diesem Zusammenhang fällt mir der etwas armselig wirkende Programmzettel ein. Warum blieb man nicht bei der bisherigen Gepflogenheit, den kompletten Text herauszugeben? Das hätte sich doch ohne allzu riesigen Kostenaufwand bewerkstelligen lassen. Wenden wir uns den Solisten zu, die an diesem Abend ein gerüttelt Maß an Arbeit zu bewältigen hatten. Nese Pars konnte sich als Israelitin mühelos gegen die Ensembles durchsetzen und sang mit der nötigen Strahlkraft ebenso wie mit lyrischer Dichte (hier sei nocheinmal auf die Arie "Du sinkst, ach" verwiesen). Lediglich ein Atemfehler verursachte eine minimale Trübung. Ansonsten hinterließ sie stimmlich einen hervorrragenden Eindruck, gerade auch bei den Duetten mit dem Alt und dem Tenor. Christiane Westermann erschien mit ihrer dramatischen Altstimme als rechte Besetzung für den Boten, mit fundamentaler Tiefe und abgerundet weich in der Höhe. Die Koloraturen in der Arie "O Freiheit, Du!" hätten dennoch schärfere Akzentuierung vertragen können. Als Judas Maccabäus war Clemens Bieber zu hören mit einer sehr hellen, tragfähigen Tenorstimme. Sein umfangreicher Part umfaßte nicht weniger als sieben Arien, Duette und Rezitative noch nicht gerechnet. Dennoch wirkte er bis zum letzten Ton bestens abgestützt, in allen Lagen mit genauester Intonation. Darius Niemirowicz bewältigte eine Doppelrolle, nämlich den Hohepriester Simon und den jüdischen Gesandten Epolemus. Von ihm sei besonders erwähnt die Arie "Durch Wundertaten errettet uns Gott", deren langgezogene Sequenzzierungen er mit wahrhaft atemberaubender Atemtechnik nahtlos durchzog. Marco Fröhlich am Cembalo bot den Solisten bei Arien und Rezitativen ein unaufdringliches, sicheres Continuo, ohne Schnörkel sich den Solostimmen unterordnend. Leopold Schindler aber gebührt das Verdienst, eine in sich geschlossene Interpretation geschaffen zu haben. Er beließ musikalische Abläufe durchwegs im Bereich der Terassendynamik und vermied allzu starke agogische Schwankungen. Dadurch bekam jeder Einzeltitel der Aufführung sozusagen sein eigenes unverwechselbares "Gesicht". Ein besonderes Lob muß man seiner geradezu sprechenden Gestik zollen, mit der er vor allem die Chorstimmen bis ins letzte Detail führte. Für das berühmte "Tochter Zion" wählte er ein recht flottes Zeitmaß, Halbe dirigierend, ohne daß dabei der Chor gehetzt wirkte. Dem folgenden Marsch gewann er den Charme eines schotischen "Highlanders" ab. Der Erfolg seines Debüts konnte am nicht enden wollenden Beifall gemessen werden, welcher letztendlich eine Wiederholung des strahlenden Schlußchores "Hallelujah.Amen" erzwang. |
|
Dienstag, 24. Juli 1984 - Coburger Tageblatt |
|
Günther Bretschneider |
Zu einem Konzertereignis ersten Ranges wurde die Aufführung von Händels "Judas Maccabäus" durch den Konzertchor Sängerkranz Coburg im Verein mit dem Chor des Gymnasium Albertinum. Unter der Leitung von Leopold Schindler kam eine Aufführung aus einem Guß zustande, hinsichtlich der künstlerischen Konzeption stimmte einfach alles, der prachtvoll singende Chor, der hier die wesentlichen Partien zu singen hat, das vorzügliche Solistenquartett und das excelent einfühlsam und zuverlässig spielende Orchester der Hofer Symphoniker. Das Oratorium "Judas Maccabäus" erfreute sich in der Vergangenheit großer Beliebtheit ob seines heldischen Charakters. Schmerzvoll bewegte Chöre leiten das Werk, die aber schon dramatische Elemente einbringen, wie "Klagt, Söhne Judas" oder der Chor "Du Gott, dem Erd und Himmel..." mit seinem brillianten Fugato-Allegro. Israel beweint seine verlorengegangene Freiheit, in Judas soll dem Volk ein Befreier vom fremden Joch entstehen. Kampflieder, Siegeschöre, Gesänge zum Preise des Helden und Danksagungen an Gott erklingen. Chöre und Soli wechseln einander ab, aber dem Chor fallen die wesentlichen Partien zu. In ihrer elementaren Wirkung beeindrucken sie immer wieder, etwaa "Du Held, o mach uns frei", oder die dramatisch aufgebaute Doppelfuge "Fall war sein Los". Im dritten Teil eingebaut liegt der mitreißende Siegeschor "Seht, er kommt mit Preis gekrönt", eine der volkstümlichsten Melodien Händels überhaupt, die den Vergleich zum "Hallelujah" im "Messias" absolut nicht zu scheuen braucht. Der über 100 Personen starke gemischte Chor, bestehend aus dem Konzertchor Sängerkranz und den Albertinern, zeigte sich unter Leopold Schindlers souveräner Leitung als ein ausdrucksstarker Klangkörper. Die Einsätze kamen präzise, überzeugend und spannungsreich. Eine bestechend saubere Intonation, gerade in den Frauenstimmen, und hier wieder beim sehr locker singenden Sopran, der mehrmals extreme Höhen zu erklimmen hatte. Intensive, zielgerichtete Schulung und systematische Stimmbildung machen eine solche Leistung erst möglich. besonders eindrucksvoll gelangen auch die dynamischen Schattierungen, vom hauchzarten Piano bis hin zum strahlendem Forte. Jedes Creszendo war sorgsam aufgebaut, jedes Decreszendo vorbereitet.
Eine glückliche Hand bewies Leopold Schindler in der Besetzung des Solistenquartetts. Nese Pars, eine excelente Sopranistin mit einer locker geführten, gut sitzenden Stimme, einer lupenreinen Intoantion bis hin zu den Spitzentönen, gestaltete ihren gewiß recht umfangreichen Part mit Akkuratesse und tiefer Verinnerlichung. Die Arien waren spannungsreich gestaltet., von der wehmütigen Arie "Ohne dich du goldne Freiheit", über "Du sinkst, ach armes Israel" bis zu der lieblichen Dankarie "Dann tönt der Laut' und Harfe". Christiane Westermann war die Altpartie anvertraut. Mehrfach konnten wir die Künstlerin mit oartorischen Aufgaben hören. Ihr fülliges Organ hat ungemein gewonnen, auch extreme Tiefen bleiben klangvoll und ausgewogen. Neben dem rezitativischen Einsatz schrieb Händel für die Altpartie im wesentlichen Duette für beide Frauenstimmen. Berückend schön und ergreifend zugleich war es, den beiden Solistinnen zuzuhören. An einem selten so gehörten innigen Zusammenklang zweier Stimmen konnte sich der Zuhörer förmlich berauschen, ob es nun das Duett "Komm süße Freiheit" oder "Singt unserm Gott", nicht zuletzt aber das herrliche Duett "O Friede, reich an Heil" war, das den packenden Schlußchor "Hallelujah.Amen" vorbereitete". Clemens Biebers Tenor ist wie geschaffen für derlei Aufgaben aus dem oartorischen Schaffen der Barockzeit. Die ungemein schlanke, helle Stimme spricht in allen LAgen gut an, erweist sich bei den Koloraturen biegsam und geschmeidig, weiß sich aber auch dem begleitenden Orchester gegenüber zu behaupten. Dariusz Niemirowicz ist den Coburgern hinlänglich bekannt, auch als Oratoriensänger. Er gab den Baßpartien Profil, überzeugte mit seiner Aufgabe. Seine stimmlichen Mittel wußte er vorteilhaft einzusetzen, die Koloraturen gelangen ihm locker und rhythmisch exakt. Eine reife, ausgewogene Leistung. Die Hofer Symphoniker hatten den Orchesterpart übernommen. Für die hervorragende Leistung sei ihnen noch ein Wort gewidmet. Als äußerst zuverlässiger Klangkörper setzten sie Glanzlichter auf, in der vielfach begleitenden Funktion bewiesen sie große Erfahrung, dezentes Einfühlungsvermögen und rhythmische Genauigkeit. Der Streichkörper musizierte Spannungsreich, intonationsrein und werkgetreu. Die sich hinzugesellenden Blechbläser unterstrichen noch diese Feststellung. Leopold Schindler war dem gesamten Apparat ein excelenter zuverlässiger Leiter. Wohltuend seine sparsame, jeder Pathetik abholden Zeichengebung, dem Chor ein sicherer Führer durch die Klippen der Partitur. Am Cembalo wirkte zuverlääsig Marco Fröhlich. Die Aufführung des "Judas Maccabäus" war mit Sicherheit für Coburg ein künstlerisches Ereignis besonderer Art. |
[Sitemap ]