Felix
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29. Juni - St. Moriz Kirche |
Nese Pars
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1986 |
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Pressestimmen |
1.7.1986 - "Neue Presse " Coburg |
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Martin Potyra |
Zwei vollendete Oratorien hinterließ Felix
Mendelssohn-Bartholdy der musikalischen Nachwelt: Den erst vor zwei Jahren in Coburg
erklungenen "Elias" und den vor 150 Jahren vollendeten und uraufgeführten
"Paulus", der am letzten Sonntag nach zig Jahren erstmals wieder in Coburg zu
hören war. Unter der Gesamtleitung von Leopold Schindler sang der Konzertchor
"Sängerkranz" zusammen mit den Hofer Symphonikern und an der Hauptorgel agierte
Marco Fröhlich. Als Solisten waren aufgeboten Nese Pars (Sopran), Elke Ullrich (Alt),
Lutz Michael Harder (Tenor) und Phillip Langshaw (Baß).
Nicht zu allen Zeiten hat dieses
Oratorium ungeteilte Zustimmung erfahren, so daß es bei weitem nicht die
Aufführungszahlen des wesentlich erfolgreicheren "Elias" erreichen konnte.
Teilweise begründet sich dies mit der Armut an dramatischen Szenen im zweiten Teil, in
dem lyrische Passagen, predigende Worte und theologische Grundaussagen überwiegen. Mag
man dies als Manko empfinden, der Melodienreichtum entschädigt dafür um ein Vielfaches.
Daß die Aufführung in der Morizkirche
ein voller Erfolg wurde - auch wenn die Zahl der Zuhörer bedingt durch Sommerwetter und
Überschneidung mit anderen Veranstaltungen, nicht die gewohnte Höhe erreichte - lag
vorrangig an Leopold Schindler, der eine unerhört spannungsreiche musikalische Gestaltung
erarbeitet hatte, die sich in einer prachtvoll differenzierten Interpretation
niederschlug. Sein gezügeltes exaktes Diktat schweißte die Ensembles zusammen und ließ
doch den Solisten genügend Raum zu freier, persönlicher Umsetzung der Arien und
Rezitative. Detailbewußt führte er Chor und Orchester, die seiner ordnenden Hand die
kleinsten Intentionen zu entnehmen wußten und klanglich realisierten. Gerade das
Orchester markierte mit der Ouvertüre (mit dem unterlegten Cantus firmus "Wachet
auf, ruft uns die Stimme") einen ersten Höhepunkt.
Den Chor zeichneten an diesem Tag alle
Tugenden aus, die ein Oratorienchor besitzen sollte. Intonationssicherheit bis in die
extremstenm Lagen (der Sopran erklomm mühelos das hohe B, welches
dennoch Volumen besaß), rhythmische Sicherheit in den polyphonen Teilen, vor allem in den
ausgedehnten Fugen (hier sind hervorzuheben "Denn alle Heiden werden kommen" und
der Schlußchor "Lobe den Herrn, meine Seele!") sowie dramatische
Durchschlagskraft ("Steinigt ihn!"). Daneben wurden die Choräle ruhevoll
ausgesungen und der Frauenchor besaß bei "Saul, Saul, was verfolgst du mich?"
ätherische Klarheit. Sprachliche Deutlichkeit kam als komplettierendes Element hinzu.
Ein wenig zu extensiv wurde meines Erachtens die Hauptorgel genutzt. Dies meint den mir zu häufig erscheinenden Einsatz und die streckenweise doch recht massive Registrierung. Natürlich ist es im Sinne der Romantik, einen Cantus firmus durch die Orgel verstärken zu wollen, auch ist es legitim, inhaltliche Höhepunkte damit zu markieren, ja selbst dem Chor bei diffizilen Stellen ein Fundament zu geben, dient dem Gesamtwerk, doch hier sollte Sparsamkeit oberstes Gebot sein. Zudem kamen manche Einsätze dieses Instruments nicht ganz im rechten Moment. Nese Pars bewältigte ihre zahlreichen Rezitative souverän und mit schlanker, aber raumfüllender Stimme, die im unteren Bereich ruhig kräftiger hätte heraustreten dürfen. Weich gelang ihr die Arie "Laßt uns singen von der Gnade des Herrn". Elke Ullrich bewies mit ihrem dramatisch gefärbten Alt eine ansprechende Gestaltungskraft ("Doch der Herr vergißt der Seien nicht"), wobei sie sich noch nicht vollends aussang, und dennoch den Kirchenraum füllte. Baritonale Färbung trägt das Organ von Lutz Michael Harder, der gerade in den Rezitativen zwingende, textnahe Ausdeutuing bewies, mit allen emotionalen Nuancen versehen. Zwar verfügt er über keine glänzende Höhe, doch mit großartiger Technik versteht er die oberen Töne biegsam weich hervorzubringen. Als Paulus schließlich war Phillip Langshaw zu hören. Eigentlich ist er als Bariton und nicht als Baß zu bezeichnen. Das kam dieser Partie sehr entgegen, denn nur wenige Male sinkt die Stimmführung bis zum g oder f. Überzeugend formte er den Wandel vom Saulus zum Paulus, ebenso konnte erzwingend seine Predigt im zweiten Teil gestalten und die Gottergebenheit des Schlusses kam gehaltvoll zum Ausdruck. Auch als Quartett vermittelten die vier Solisten einen abgreundeten und homogenen Eindruck. Nach zweieinhalb Stunden halte ich eine Zugabe fast für unnötig, doch der Beifall forderte sie und im zweiten Anlauf einigten sich alle Beteiligten auf den Schlußchor, der noch einmal eine strahlende Wiedergabe erfuhr. |
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1.7.1986 - "Coburger Tageblatt" |
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Günther Bretschneider |
Sehr zu Unrecht schlummerte das Oratorium
"Paulus" von Felix Mendelssohn-Bartholdy in den Archiven, es brauchte 100 Jahre,
bis es 1986 durch den Konzertchor Sängerkranz wieder aufgeführt wurde. In der
Morizkirche zu Coburg gelang dann auch eine in sich geschlossene, glanzvolle und tief
beeindruckende Wiedergabe des Werkes unter der souveränen, stilsicheren Leitung von
Leopold Schindler. Die Hofer Symphoniker bestritten den orchestralen Teil, als Solisten
waren zu hören Nese Pars (Sopran), Elke Ullrich (Alt), Lutz Michael Harder (Tenor) und
Phillip Langshaw (Baß). An der Orgel wirkte Marco Fröhlich. Das Werk selbst entstand 1832 bis 1835 und wurde 1836 uraufgeführt. Der stets für das Werk Mendelssohns begeisterte Robert Schumann nannte es ein "Juwel der Gegenwart", der Komponist selbst aber war nicht so recht zufrieden und schrieb kurz nach der Erstaufführung an einen Freund: er "habe an allem sehr gelernt und hoffe es besser zu machen, wenn ich einmal ein zweites Oratorium schreibe". Die Coburger Aufführung umfaßte das gesamte Werk ohne irgendwelche üblichen Striche. Es ist sicherlich schwer aus der gedanklichen Fole irgendeinen Satz wegzulassen. Schon die herrliche Ouvertüre mit dem plastisch herausgearbeiteten Leitmotiv des strahlenden Themas zum Choral "Wachet auf, ruft uns die Stimme..." läßt auf kommende musikalische Ereignisse schließen. Der erste Teil befaßt sich zunächst mit dem Märtyrertod des Heiligen Stephanus und spitzt sich dramatisch zu zur Bekehrung des Saulus, gipfelnd in dem hymnischen Chor "Mache dich auf! Werde Licht!". Im zweiten Teil nun vollendet sich das Schicksal des Paulus, viele Paralellen deuten auf den Lebens- und Leidensweg des Jesus von Nazareth hin. Zum Schluß nimmt Paulus Abschied von den Ephesern und zieht nach Jerusalem. Im Schlußchor weitet sich der Dank an Paulus auf alle aus, die für ihre Aufgabe leiden und sterben. Mit "Lobe den Herrn meine Seele..." schließt das prachtvolle Werk. Nachdem der Chor eine gewaltige Aufgabe zu lösen hatte, beginnen wir mit einer Würdigung seiner imponierenden Leistung. Es setzt immer wieder in Erstaunen, zu welchen Höhen ein Laienchor durch Zielstrebigkeit und Überzeugungskraft geführt werden kann. In allen Stimmen ausgewogen und zahlenmäßig gut besetzt, folgte der Chor konzentriert allen Intentionen des Dirigenten, wußte um den tiefen geistigen und religiösen Gehalt und war in die metaphysischen Zusammenhänge eingedrungen. Eine Glanzleistung vollbrachten die Chorsoprane, viele extrem hohe Töne mußten bewältigt werden, aber stets kamen sie intonationssauber, selbst das hohe b strahlte durch den Kirchenraum. Den übrigen Stimmen muß Exaktheit und Sicherheit im Einsatz bescheinigt werden, Überzeugung in der Darstellung und klangvolles Zusammenwirken. Die wenigen Choräle, die Mendelssohn einstreute (vier an der Zahl) in romantisiertem Barockstil gesetzt, hinterließen tiefe Eindrücke, vor allem der machtvolle Choral "Wachet auf, ruft uns die Stimme..." , mit vollem Orchester und Orgel begleitet, flutete durch den Raum, eine Apotheose klanglicher Schönheit. Kleine rhythmische Schwankungen fallen dabei so gar nicht ins Gewicht. Aber auch das dramatische Element wußte der Chor stilgerecht auszuschöpfen, wie bei dem erschütternden "Steinigt ihn!" (bei dem Paralleln zur Matthäus-Passion aufkommen "Laß ihn kreuzigen"). Dagegen gelang ein ungemein verinnerlichter Gesang "Wir preisen seelig, die erduldet..." oder das abschließende "Amen" des ersten Teils. Schließlich kam der spöttische Chor des Volks "Die Menschen sind den Göttern gleichgeworden" ebenso bestechend wie der Chor im Cantus firmus "Wir glauben alle an einen Gott". Haben im zweiten Teil dann vorwiegend die Solisten viel zu tun, so ist der Chor noch einmal mit dem Schluß "Lobe den Herrn meine Seele" zu hören. Dieser eindrucksvolle Abgesang wurde nach dem frenetischen Schlußapplaus dankenswerter Weise als Zugabe wiederholt. Die Solisten Nese Pars hatte die Sopranpartie übernommen und mit Leben erfüllt. Sie wußte im Tonfall sehr wohl die kindlich-naive, und dennoch von tiefer Zuneigung zu dem Gottessohn Jesus und seinem Apostel Paulus erfüllte Gläubigkeit zum Ausdruck zu bringen. Hinreißend schön sang sie "Jerusalem!" und spürte mit tiefer Verinnerlichung den geistigen Gehalt auf. Die Rezitative waren sauber, klanglich ausgewogen und dynamisch ausgefeilt dargeboten. Nese Pars war sehr viel eingesetzt, blieb uns aber nichts schuldig, ohne Ermüdungserscheinungen bewältigte sie ihre Aufgabe mit Akkuratesse, eine reife gesangliche Leistung. Die Altistin Elke Ullrich scheint vom Komponisten etwas stiefmütterlich behandelt. Ein Rezitativ und Arioso gab ihr Gelegenheit, ihre stimmlichen Mittel voll zu entfalten. Ein warmes Timbre ist ihr zu eigen, mit sattem runden Klang wußte sie zu gestalten: "Doch der Herr vergißt die Seinen nicht!"Um so größere Aufgaben hatte der Tenor Lutz Michael Harder zu bewältigen. Seine Stimme ist schlank geführt, geschaffen für den Rezitativgesang. Mühelos packte er auch die hohen Töne. Seine Ariosi waren von Verinnerlichung getragen. Zusammen mit dem Bassisten Pillip Langshaw hatte er sehr schön und klangvoll gestaltete Zwiegesänge zu singen. Machtvoll klang auch die Stimme des Solobassisten durch den Kirchenraum. Mehr baritonal gefärbt wußte er seinem Part Profil zu verleihen. Das Orchester, die Hofer Symphoniker, erwies sich als ein ungemein homogener Klangkörper. Den größtenteils sinfonisch angelegten Orchesterpart spielten sie mit großem Einfühlungsvermögen und klanglicher Transparenz. Ein Lob den prachtvoll spielenden Blechbläsern. Leopold Schindler war dem gesamten "Apparat" ein excellenter, souverän gestaltender Dirigent, der den Chor bestens vorbereitet und die gesamte Aufführung im festen Griff hatte. So gelang unter seinem Dirigat eine geschlossene Wiedergabe, die voll überzeugte und in die "Geschichte Coburger Konzerte" eingehen wird. |
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Libretto |
Erster Teil Nr. 1 Ouvertüre
Nr. 3 Choral
Nr. 4 Rezitativ
Nr. 5 Chor (Das Volk)
Nr. 6 Rezitativ
Nr. 7 Arie
Nr. 8 Rezitativ
Nr. 9 Rezitativ und Choral
Nr. 10 Rezitativ
Nr. 11 Chor
Nr. 12 Rezitativ und Arie
Nr. 13 Rezitativ und Arioso
Nr. 14 Rezitativ mit Chor (Sopran und Alt)
Nr. 15 Chor
Nr. 16 Choral
Nr. 17 Rezitativ
Nr. 18 Arie
Nr. 19 Rezitativ
Nr. 20 Arie mit Chor
Nr. 21 Rezitativ
Nr. 22 Chor
Zweiter Teil Nr. 23 Chor
Nr. 24 Rezitativ
Nr. 25 Duettino
Nr. 26 Chor
Nr. 27 Rezitativ und Arioso
Nr. 28 Rezitativ
Nr. 29 Chor (Das Volk) und Choral
Nr. 30 Rezitativ
Nr. 31 Duett
Nr. 32 Rezitativ
Nr. 33 Chor (Die Heiden)
Nr. 34 Rezitativ
Nr. 35 Chor (Die Heiden)
Nr. 36 Rezitativ
Nr. 37 Rezitativ
Nr. 38 Chor
Nr. 39 Rezitativ
Nr. 40 Kavantine
Nr. 41 Rezitativ
Nr.42 Chor (Die Gemeinde) und Rezitativ
Nr.43 Chor
Nr.44 Rezitativ
Nr.45 Schlußchor
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