Gaetano
Donizetti
.
"Messa di
Requiem"

16. November - St. Moriz Kirche
Nese Pars
Elke Ullrich
Karl Jerolitsch
Pascal Borer
Willem Laakmann
.
Hofer Symphoniker
1988

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Pressestimmen

18.11.1988 - "Neue Presse " Coburg

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Martin Potyra

Mit dem "Requiem" von Gaetano Donizetti in der Morizkirche setzte der Konzertchor "Sängerkranz" einen weiteren kulturellen Höhepunkt im diesjährigen kulturellen Leben der Vestestadt. Zusammen mit den Hofer Symphonikern und den Solisten Nese Pars (Sopran). Elke Ullrich (Alt), Karl Jerolitsch (Tenor) sowie den beiden Bassisten Pascal Borer und Willem Laakmann entstand unter der Leitung von Leopold Schindler eine von innerer Spannung getragene Aufführung, deren dynamische Proportionen und melodische Schönheiten detailliert ausgelotet wurden und die tiefe Religiosität des Werkes gewahr werden ließen.

Schon die ruhevolle Einleitung durch das Orchester bereitete mit nachhaltiger Intensität den langsam aufsteigenden Einsatz des Chores zum "Requiem aeternam" vor, die folgende kluge Steigerung führte dann zum Einstieg des Solistenquartetts bei "Te decet hymnus", das in seinen A-capella-Passagen Homogenität und makellose Intonation vorführte. Nese Pars gab sowohl in den Ensembles als auch bei ihrer Arie "Recordare" ihrer Stimme ein mildes Timbre, ohne dabei die Spitzentöne zu vernachlässigen. So hörte man eine weiche, den Einsätzen gerechte Überstimme voller lyrischer Schönheit. Elke Ullrich paßte sich nahtlos in das Solistenensemble ein und zusammen mit Tenor und Baß gestaltete sie das "Praeces meae" im organischen Wechsel mit den ausgezeichneten Blechbläsern.

Volkstümlich

Ausgedehntere Aufgaben hatte Karl Jerolitsch zu bewältigen, unter anderem das geradezu volkstümlich melodische "Ingemisco", das er von den Seufzern der Solovioline und dem Solocello begleitet kantabel ausbreitete. Im Verein mit Pascal Borer brachte der Tenor das Duett "Judex ergo" geradezu opernhaft zustande, wie allgemein das Werk den versierten Opernkomponisten nicht leugnen kann. Den eher dramatischen Akzent setzte Willem Laakmann mit seinem Solo "Quaerens me", machtvoll im Volumen und mit eindringlicher Expressivität. Beachtenswert geriet auch das Terzett der Männerstimmen "Tuba mirum" mit seiner aufsteigenden Chromatik der melodischen Linien. Ebenso makellos in der Intonation und gestalterisch intensiv wirkten die beiden Bassisten bei "Oro supplex" (Laakmann) und "Domine Jesu" (Borer), wobei ersteres von jener Hornpassage eingeleitet wird, die dem Mozartschen "Tuba mirum" nachempfunden ist. Das "Voca me" vereinte noch einmal alle fünf Solisten zu einem ausgeglichenen "Kammerchor" erster Güte.

Die Leistungen des Konzertchores standen ebenbürtig neben denen der Solisten. Da wurde das "Requiem aeternam" aus der Tiefe aufsteigend plastisch modelliert, die Kyrie-Fuge akzentreich und vorantreibend angegangen und vor allem dem Turbae-Chor des "Dies irae" blieben die Sängerinnen und Sänger keine kraftvolle Entladung schuldig. Aber auch die lyrischen Momente des "Tractus" wurden weitläufig ausgekostet und der Antwortchor des "Recordae" erfuhr eine überzeugende Sordierung. Klangliche Ausgewogenheit, saubere Intonation, melodisches Einfühlungsvermögen und konzentriertes Umsetzen der vom Pult ausgehenden Impulse sowie atemtechnische Disziplin und deutliche Aussprache standen auf hohem Niveau, wodurch die mitgestalterische Kraft als selbverständlich empfunden wird.

Die Hofer Symphoniker wußten genau zwischen eigengestalterischem Wirken und dekorativer Begleitung zu unterscheiden. In allen Positionen bestens disponiert traf das Orchester vor allem auch jenen Ton, den der Komponist von der Bühne her eingearbeitet hatte. Der Grund dafür war aber auch in der souveränen Leitung von Leopold Schindler zu suchen, dessen Dirigat einerseits erfüllt war von kompromißloser Genauigkeit, andererseits vom nötigen Temperament, das dieses weitgehend vom Belcanto getragene Werk dann zum Erlebnis macht, wenn man den Gefühlen freien Lauf läßt. Und als Dirigent tat er das, direkt vermittelnd, ohne Schnörkel und ohne Show, aber geradlinig und ehrlich.

Nach wie vor wende ich mich gegen Beifall nach der Aufführung einer Totenmesse - aufkommender Applaus der zahlreichen Zuhörer wurde nach nur wenigen Sekunden gestoppt, doch ein Vermerk auf dem Programmheft hätte ihn sicher erst gar nicht entstehen lassen.

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18.11.1988 -  "Coburger Tageblatt" 

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Hans Höfer

Sieht man einaml von der Aufführung des Verdi-Requiems unter der Leitung von Hans Hein im Jahre 1967 ab, so war die italienische Musica sacra für den Konzertchor Coburg "Sängerkranz" im Verlaufe seiner mehr als 140 jährigen Vereinsgeschichte tabu. Das änderte sich jedoch, nachdem Leopold Schindler den Traditionschor übernommen hatte und ihn auch personell umstrukturierte.

Nachdem der Konzertchor bereits in den vergangenen Jahren geistliche oratorische Werke von Rossini, Verdi und Puccini vorgestellt hatte, wurde nun mit der Coburger Erstaufführung von Gaetano Donizettis "Messa di Requiem" diese Reihe fortgesetzt. So kamen die vestestädtischen Freunde der Kirchenmusik in den einmaligen Genuß kurz hintereinander eine Requiem-Vertonung in deutscher, französischer und italienischer Version zu erleben, nachdem der Coburger Bachchor und der Chor aus der Partnerstadt Nior die Totenklagen von Johannes Brahms und Gabriel Fauré Ende Oktober, ebenfalls in St. Moriz aufgeführt hatten.

Unter der Leitung von Leopold Schindler sangen neben dem Konzertchor "Sängerkranz" das Solistenquintett mit Nese Pars (Sopran), Elke Ullrich (Alt), Karl Jerolitsch (Tenor), Pascal Borer und Willem Laakmann (Baß). Den Instrumentalpart hatten die Hofer Symphoniker übernommen.

Donizetti leitete mit der tragischen Oper "Lucia di Lammermoor" seine dritte Schaffensperiode ein: die Zeit seiner Reife. Die Uraufführung erfolgte 1835, drei Tage nach dem Tode von Vincenco Bellini.

Das Ableben des 34jährigen Komponisten veranlaßte Donizetti zur Komposition der "Messa di Requiem". So schrieb er unter anderem aus Neapel an seinen Mailänder Verleger: "Ich bin sehr glücklich, in Mailand eine letzte Bezeugung meiner Freundschaft dem Schatten des armen Bellini geben zu können." Doch kam es höchstwahrscheinlich erst im April 1870 zur Uraufführung des Requiems. Von diesem Ereignis in Bergamo berichtete die "Gazetta Musicale di Milano": "Die unveröffentlichte Messe von Donizetti wurde von mehr als achtzig Musikern mit Verstärkung durch die Orgel aufgeführt und als ein Werk erkannt, das des Rufes seines Schöpfers würdig ist. Als die besten Stücke seien erwähnt das 'Requiem', die Einleitung des 'Dies irae', ein Duett für Tenor und Bariton und ein Stück, das nur von Blechinstrumenten gestützt wird. Die Aufführung war schwach."

Bei der Coburger Aufführung nach 118 Jahren müßte der letzte Satz des Mailänder Rezensenten ins gerade Gegenteil umgekehrt werden, denn unter der souveränen und engagierten sowie eindeutigen Diktion von Leopold Schindler, der die rund 80 Damen und Herren seines "Sängerkranzes" auf die ungewöhnliche, aber äußerst dankbare Aufgabe optimal vorbereitet hatte, erlebten die zahlreich erschienen Besucher ständige beste Balance zwischen den drei festen Säulen der Coburger Premiere: Solistenquintett, Chor und Orchester.

Den vokalen Löwenanteil hatte der Chor zu leisten, der bereits den Introitus "Requiem aeternam" ausdrucksvoll, dynamisch vielschichtig, spannungsreich und großbögig gestaltete. Schon hier ließ er auch den Opernkomponisten Donizetti anklingen, da er große dramatische Wucht zu entwickeln fähig war. Intensität atmete das Kyrie, dessen Abschlußfuge schwungvoll zum Klingen gebracht wurde.

Klangvoll vernahm man das volkstümliche gehaltene "Absolve, Domine", während im "Dies irae", "Rex tremendae" und "Confutatis maledictis" der oben erwähnte dramatische Ausdruck nochmals gesteigert werden konnte, so daß das "Confutatis" im Wechsel mit dem Solistenquintett zum klanglichen Höhepunkt der Aufführung avancierte. Gestalterischer Kulminationspunkt war dagegen das "Lacrimosa", das von der federnd gesungenen Amen-Doppelfuge gekrönt wurde.

Als Quartett oder Quintett besetzt, sang das Solistenensemble sehr homogen und in Alternation mit dem Chor im "Te decet hymnus" oder in "Liberame" in ergreifender Weise. Stiefmütterlich hat Donizetti die beiden Frauenstimmen behandelt, die solistisch kaum in Erscheinung treten, doch führte Nese Pars überzeugend das gesamte Solistenensemble an, und Elke Ullrich übernahm diese Führungsaufgabe zuverlässig in dem Terzett "Preces meae", das nur von Blechbläsern begleitet wird.

Mit einer tragenden und klangvollen Tenorstimme sang Karl Jerolitsch ergreifend und zugleich schwelgerisch "Ingemisco, tamquam reus", Willem Laakmann ausladend und akzentuiert "Oro supplex" und Pascal Borer kraftvoll und markant "Domine, Jesu Christe". Wurde das Terzett "Tuba mirum" in typischer italienischer Opernmanier dargestellt, so schwelgten Karl Jerolitsch und Pascal Borer im nachfolgenden kanonisch angelegten Duett "Judex ergo" im Belkanto. Hier konnte Donizetti den Opernkomponisten nicht verleugnen.

Die dritte tragende Säule der beeindruckenden Wiedergabe des Requiems waren die Hofer Symphoniker, die den Intentionen Leopold Schindlers willig und zuverlässig folgten und für einen Orchesterklang sorgten, der sowohl der Totenklage als auch dem italienischen Brio gerecht wurde, wobei sie stets um dynamische Abgewogenheit und Transparenz bemüht waren.

Auch das Orchester spielte seinen Part von den Schicksalsschlägen der Bläser am Anfang der Introduzione bis zu den Schlußtakten, wenn das ewige Licht zur Sprache kommt, aus einem Guß.

Zu Recht unterband Leopold Schindler den verspätet einsetzenden Beifall, denn Donizettis "Messa di Requiem" erwies sich als eine tiefgreifende Totenklage, die dazu noch eine ergreifende Darstellung erfuhr.

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