Gioacchini Rossini
"Stabat Mater"
.
E.T.A.Hoffmann
"Miserere b-Moll"

St. Moriz Kirche
Kathrin Magestro
Kathrin Assmann
 
Cornelia Helfricht
Berhard Schäffel
Phillip Langshaw
.
Hofer Symphoniker
1989

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1989 - "Neue Presse" Coburg

Martin Potyra

Mit seinem diesjährigen Oratorienkonzert verließ der Konzertchor Sängerkranz wie bereits im vorigen Jahr wieder die gängigen und ausgetretenen Pfade der allseits bekannten und häufig ausgeführten geistlichen Werke und betrat zumindest mit einer Komposition so gut wie unbekannte Randbezirke des sakralen Musikschaffens. Gemeint ist das "Miserere" von Ernst Theodor Amadeus Hoffmann, während das zweite Werk des Abends, das "Stabat Mater" von Gioacchino Rossini schon einen gewissen Bekanntheitsgrad besitzt.

In der gut besuchten Morizkirche sangen und musizierten der Konzertchor Sängerkranz Coburg mit den Solisten Kathrin Magestro (Sopran), Kathrin Assmann (Mezzosopran), Cornelia Helfricht (Alt), Bernhard Schäffel (Tenor) und Phillip Langshaw (Bass) sowie die Hofer Symphoniker unter der Gesamtleitung von Leopold Schindler.

E.T.A.Hoffmann schrieb das "Miserere" während seiner Bamberger Zeit im Jahre 1809, als er den Posten des Musikdirektors des Städtischen Theaters innehatte. Das in zwölf Sätze gegliederte Werk trägt von einigen kleinen Lyrismen abgesehen weitgehend meditativen Charakter, der sich in durchwegs getragenen Tempi manifestiert. Die Aufgaben für Chor und Solisten sind gleichmäßige verteilt, dichte Klangballungen und lichte Soli halten sich die Waage. Allen voran sei erst einmal der gemischte Chor genannt, der sich nach dem schüchternen Einstieg bei "secundum magnam" frei sang und nachfolgend ohne jegliche Fehler agierte. Klare Spitzentöne der Soprane und Tenöre, warme Fülle bei Alt und Bass und in der klanglichen Abstimmung und Homogenität ausgeglichen und abgerundet konnten die Sängerinnen und Sänger mit bester Aussprache und großer Intonationstreue glänzen. Seine exponiertesten Aufgaben, nämlich die beiden Fugen "Incerta et oculta" und am Schluß "Ut aedificentur" sowie die Doppelfuge "Et exultabit" bewältigte der Chor rhythmisch exakt und mit intensiven Steigerungen.

Eine Einheit

Eine fast geschlossenen Einheit bildete das Solistenquartett, beziehungsweise zweimal -quintett, das in fünf Sätzen reichlich gefordert wurde und in keinem Belang enttäuschte. Lediglich drei der Vokalisten hatten eine eigene Arie zu bewältigen. So bestätigte der Tenor Bernhard Schäffel bei "Auditui meo" eine schlanke und biegsame Stimme mit angenehm weichem Timbre, Phillip Langshaw (Baß) sang fundamental und raumfüllend "Docebo iniquos" und die Sopranistin Kathrin Magestro konnte mit ihrem jugendlichen Organ bei "Sacrificium deo" überzeugen. Cornelia Helfricht setzte ihren voluminösen Alt ensembledienlich ein und die Mezzosopranistin Kathrin Assmann ließ eher dramatische Schärfe zur Geltung kommen.

Effektvoll

Die erste fast komplette Aufführung von Rossinis "Stabat Mater" in den Mauern Coburgs liegt mehr als 120 Jahre zurück (1872), das daraus stammende "Inflammatus" erklang als Einzelstück bereits 1858. Seit seiner Entstehung wirft man diesem Werk seine Bühnennahe Effektfülle vor (man denke an die Tenor-Arie "Cuius animam"), doch Leopold Schindler scheute sich nicht, gerade diese Effekte deutlich herauszuarbeiten. Mit Recht, sind sie doch ein ureigenster Teil der Tonsprache Rossinis. Leider allerdings übersetzten die Hofer Symphoniker die Zeichengebung der musikalischen Leitung nicht immer mit der sonst gewohnten Präzision in Rhythmik und Dynamik und die zu Beginn aufsteigende Passage von Celli und Fagott, die mehrfach wiederkehrt litt unter chronischer "Grundverstimmung".

In ihren einzelnen Arien wiederholten die Vokalsolisten die bereits genannten Tugenden. Das Duett der beiden Soprane "Quis est homo" wurde expressiv ausgesungen, die Baß-Arie "Pro peccatis" strahlte gestalterische Intensität aus und die Kavatine des Sopran II "Fac ut portem" erklang mit großer Innigkeit.

Präzision

Neben seinen sonst absolut sicher bewältigten Einsätzen konnte der Chor den a capella Wechselgesang mit dem Baß "Eja Mater" mit höchster Präzision und besten dynamischen Nuancen wiedergeben, wohingegen das Vokalquartett mit der Chromatik seines unbegleiteten "Quando corpus" einige Mühe hatte. Leopold Schindler mit bestmöglicher Übersicht, impulsiv und mit klaren Zeichen. Eine Reihe seiner Temponahmen marschierte gut in Richtung des Doppelten der angegebenen Metronomzahlen, doch tat dies der musiziertechnischen Ausführung niemals Abbruch und seine Gesamtkonzeption verlor niemals an Schlüssigkeit. Er war es auch, der berechtigt aufkommenden Beifall mit einer beherrschenden Geste erstickte. Zumindest aber erkannte man die Absicht der Zuhörer, eine ausgezeichnete musikalische Leistung aller Ausführenden gebührend zu würdigen.

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1989 - "Coburger Tageblatt"

 

Hans Höfer

Zur musikalischen Einstimmung auf die stillen Tage zum Ende des Kirchenjahres stellte der Konzertchor Coburg "Sängerkranz" im Verein mit den Hofer Symphonikern und einem Solistenquintett mit Kathrin Magestro (Sopran), Kathrin Assmann (Mezzosopran), Cornelia Helfricht (Alt), Berhard Schäffel (Tenor) und Phillip Langshaw (Baß) unter der Leitung von Leopold Schindler in St. Moriz zwei selten zu hörende Chorwerke vor: "Stabat mater" von Gioachino Rossini und "Miserere b-Moll" von Ernst Theodor Amadeus Hoffmann.

Der Konzertchor "Sängerkranz" setzte seine Reihe mit Musica Sacra aus der Feder italienischer Opernkomponisten fort, indem er u.a. nach dem "Stabat Mater" von Verdi, das im Juli 1987 zur Aufführung gelangte, nun das gleichnamige Werk von Rossini folgen ließ, das zu Unrecht als zu opernlastig apostrophiert wurde, da man dem Komponisten des "Barbier" eine sakrale Musik einfach nicht zutraute.

Dabei haben neben Cherubinis Requiem für Männerchor gerade Rossinis "Missa solemnis" und "Stabat mater" auf die deutsche Chormusik befruchtend gewirkt, nachdem mit Beginn des 19. Jahrhunderts der Einfluß Italiens auf den deutschen Chorstil zu schwinden begann.

Unter dem überlegenen Dirigat von Leopold Schindler schufen Chor und Solistenquartett nach der vom Orchester prachtvoll gespielten Introduzione eine homogene klangliche Steigerung im einleitenden "Stabat mater" und schufen packende Verdichtungen sowie Passagen von ästhetischer Schönheit. Fast in Verdischer Manier , strahlend und mit Durchsetzungsvermögen gegen das wogende Blech, meisterte Bernhard Schäffel die Arie "Cujus animam" und homogen, voluminös und melismengewandt Kathrin Magestro und Kathrin Assmann das Duett "Quis est homo" während Phillip Langshaw die Baßarie "Pro peccalis" profund, kraftvoll und mit prachtvoller Stimme darbot.

Auch im gregorianisch empfundenem A-capella-Wechselgesang zwisceh Baß und Chor, dem im Belcanto gestalteten Quartett, der großbögig und ausladend gestalteten Kavatine der Mezzosopranistin, der vom Chor begleiteten dramatisch gefärbten pompösen Sopran-Arie, dem beseelt a capella gesungenen Auferstehungsquartett und der schier überirdisch präsentierten Amen-Fuge gab es erlesenen musikalischen Genuß, gepaart mit großer gestalterischer Tiefe, wobei das Orchester seinen Part flexibel, immer transparent und klangprächtig beisteuerte, sodaß eine Aufführung wie aus einem Guß zustande kam, die noch lange im Gedächtnis haften bleiben wird.

Mit der "Ausgrabung" des in Bamberg entstandenen "Misereres" des Dichters, Musikers, Zeichners, Malers und Juristen E.T.A.Hoffmann bestätigte sich der "Sängerkranz" als Aufspürer einer echten Rarität. In der Musik Mozarts, den Hoffmann als sein größtes Vorbild verehrte, glaubte der Dichter-Komponist schon alles Romantische zu finden, und Beethoven hielt er bereits für den größten Romantiker. In Hoffmanns Musikästhetik gebührt der Melodie der Hauptanteil. Sie soll einfach und ungekünstelt aus dem Herzen des Komponisten entströmen, um den Zuhörer zu "entrücken. Die Harmonik bildet oftmals eine eigentümliche Mischung aus früherer Gefühlsromantik und archaischen Akordverbindungen, während die kontrapunktische Schreibweise mitunter über die traditionelle Chorfuge hinausreicht.

Welcher Wertschätzung sich Hoffmann selbst in höchsten Musikerkreisen erfreute, bezeugt ein Zitat Beethovens "Auch über meine Wenigkeit haben Sie geschrieben. Erlauben Sie mir zu sagen, daß dieses von einem mit so ausgezeichneten Eigenschaften begabten Manne Ihresgleichen mir sehr wohl thut."

Das "Miserere mei deus" stammt aus den Bußpsalmen Davids und gehört und gehört zur römischen-katholischen Liturgie an den Kartagen, doch verwendete Hoffmann den biblischen Text nur fragmentarisch. Euphorisch bauten Solistenquintett und Chor den Anfang und Schluß des zuerst vorgestellten "Miserere" auf, wobei die Jerusalem-Fuge in der Homogenität kurz getrübt war, aber dennoch zu einem machtvollen Ende Händelscher Prägung geführt wurde.

Mit viel Einfühlungsvermögen und engagiert sang der Chor "Ecce enim", ehe das Solistenquintett, weitgehend a capella, "Asperges me hysopo" stimmungsvoll darbot, während die Antwort des Chores große Ausstrahlung besaß. Das mozartisch komponierte "Auditui meo" wurde vom Tenor ebenso gestaltet; "Averte faciem tuam", begann der Chor geheimnisvoll, um es klanglich zu steigern und dynamisch auszukosten.

Einen verinnerlichten Zwiegesang von Solisten und Chor erlebte man bei "Redde mihi"; sonor, kraftvoll und bekennerhaft war die Baß-Arie "Docebo iniquos vias tuas" gesungen; akzentuiert, federnd und transparent präsentierte der Chor die diffizile Fuge "Deus salutis mea", und die Sopranistin gefiel in der Arie "Sacrificium deo" durch ausladenden, großbögigen und ausdrucksvollen Gesang, der jedoch in der tieferen Lage kaum Stehvermögen zeigte. Einer undankbaren Aufgabe mußte sich Cornelia Helfricht entledigen, da ihr Alt nur sporadisch eingesetzt war, dennoch fügte sie sich nahtlos in das Solistenensemble ein.

Die Hofer Symphoniker drängten sich nie in den Vordergrund., meisterten jedoch ihr Pensum äußerst zuverlässig und in schöner Klanggeschlossenheit.

Als einen Ästheten am Pult erlebt man Leopold Schindler, der durch überzeugende und klare Zeichengebung die drei tragenden Säulen der Aufführung, Solistenquintett, Chor und Orchester, stets im Gleichgewicht hielt und deshalb eine in sich völlig geschlossene Darstellung der Rarität der Musica sacra bewerkstelligte, die für Coburgs Musikleben eine echte Bereicherung bedeutete.


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