Gerhard
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17. Oktober - St. Moriz Kirche |
Chor Gymnasium
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1993 |
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Das Jubiläumsjahr
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27./28. Juni 1993
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2. Oktober 1993Mitwirkung des Konzertchores bei einer Aufführung des "Paulus" in Hildburghausen anläßlich der Wiedereinweihung der dortigen Stadtkirche und in freundschaftlicher Verbundenheit mit KMD Koch |
16. Oktober 1993 - Festakt zum
Jubiläum
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Pressestimmen zum Jubiläumskonzert |
19. Oktober 1993 - "Neue Presse" Coburg |
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Martin Potyra |
Den unbestrittenen Höhepunkt der Festveranstaltungen zum
150jährigen Jubiläum des Coburger Konzertchores "Sängerkranz" bildete nach
einer Aufführung von Guiseppe Verdis "Requiem" im Sommer dieses Jahres nun am
Sonntag nachmittag, das Festkonzert in der Morizkirche, in der so gut wie jeder Platz
besetzt war. Ausschließlich Werke von Gerhard Deutschmann, dessen 60. Geburtstag
sozusagen als "Nebenjubiläum" das 150jährige Bestehen des
"Sängerkranzes" begleitete, standen auf dem Programm, das der Jubelchor
zusammen mit dem Chor des Gymnasium Albertinum und dem Orchester des Landestheaters Coburg
gestaltete. Das "Coburger Te Deum", das vor 10 Jahren an gleicher Stelle
uraufgeführt wurde und die presigekrönte Kantate "La Musica" standen unter der
Leitung von Leopold Schindler, während Gerhard Deutschmann seine 1985 entstandene
Sinfonie in E in der Mitte der Vortragsfolge höchstpersönlich selbst aus der Taufe hob. Präzise Den Anfang machte das "Coburger Te Deum" für zwei gemischte Chöre, Orchester und Orgel. In den Schlußteil des ambrosianischen Lobgesangs hat der Komponist den Kanon "Da pace, Domine" des Coburger Hofkapellmeisters Melchior Franck eingearbeitet. Dieser Kanon ist der gesangliche Anteil des Publikums, das seinen Part nach kurzer Übung sicher beherrschte und am Ende engagiert in den Ablauf einbrachte. Unter der Leitung von Leopold Schindler musizierte das mit zahlreichem Schlagwerk angreicherte Orchester äußerst präzise, fühlte sich bei den teils machtvollen Klangentladungen offenbar wohl und konnte aber auch die zurückhaltenden Passagen feinsinnig auskosten. Die beiden Chöre agierten von Beginn an sicher, kraftvoll und homogen mit deutlicher Aussprache und ungetrübt im Bereich der Intonation, auch bei den exponierten Stellen. Marco Fröhlich konnte mittels des Monitors an der Orgel durch absolute Synchronität mit Chor und Orchester bestechen, wobei seine Registerwahl die Funktion seines Instrumentes deutlich als Orchesterbestandteil auswies. In der oben genannten Besetzung erklang auch die Kantate "La Musica", die ebenfalls am Ende von den Zuhöreren mit dem Kanon "Viva la musica" von Michael Praetorius vokal ergänzt wurde. Wie schon beim "Te Deum" konnte dank der Leitung von Leopold Schindler die Einheitlichkeit von Chor, Orchester und Publikum gewahrt bleiben. In dem dreisätzigen Werk gelang es dem fast 140köpfigen Vokalensemble die lyrischen Momente, vor allem die des zweiten Satzes "Sine musica nulla disciplina" eindringlich und im homophonen Satz abgrerundet wiederzugeben. Die hymnische Steigerung des drängenden Finales "Sine musica nulla vita" sprengte hier die Fesseln desRaumes. Einprägsam Gerhard Deutschmanns Vorwort zu seiner Sinfonie in E und ihre umrißhafte Beschreibung geben die Absicht des Komponisten und das klangliche Ergebnis sicher am besten wieder: "Anstelle klanglicher Experimente und Neuartigkeit um jeden Preis ... werden traditionelle Dinge wie einprägsame Melodik, durchhörbare Harmonik, polyphone Verabeitung und durchsichtiger Formverlauf angestrebt. Eine große Rolle spielt auch das Spielerisch-Musikantische anstelle eines übersteigerten Gefühlsausdrucks". Nun, all diese Prämissen hörte man in Erfüllung gehen, wobei sich die Harmonik an mittelromatischer Prägung orientierte und nur in ganz kleinen Dosen zeitgenössische freie Mittel zuließ. Die Beschreibung des Komponisten: "Der erste Satz ist kein Sonatensatz, wie üblich, sondern ein Andante, das präludiumartig geadcht ist, und seine musikalische Entwicklung vollständig aus dem am Anfang im Horn erklingenden dreitaktigen Thema ableitet. Der zweite Satz ist ein Presto mit Scherzocharakter, dessen Eckteile ein melodisch expressives Trio in wiegender Rhythmik umschließen. Ebenfalls dreiteilig ist das folgende Adagio mit weitauschwingender Melodik und großen dynamischen Gegensätzen. Im Mittelteil befinden sich erregte Dialoge zwischen Holzbläsern und Streichern. Im Finale erklingt zunächst ein markantes Thema in den Blech- und Holzbläsern, anschließend entwickelt sich eine Perpetuum-Mobile-Fuge. Nach Wiederaufnahme des ersten Themas und klanglicher Steigerung werden als Höhepunkt beide Themen miteinander vereinigt." Hier muß natürlich hinzugefügt werden, daß sich Gerhard Deutschmann auch mit dieser Sinfonie als ein exzellenter Melodiker und Instrumentator erweist, dessen effektreiche Erfindungen immer wieder aufhorchen lassen. Zudem war er ein überlegener Dirigent seiner etwa 40minütigen Sinfonie, die im Orchester des Landestheaters ein uraufführendes Ensemble fand, das motiviert und konzentriert zur Sache ging und in allen Positionen optimal vorbereitet wirkte. Daß der Beifall am Ende sowohl für den Komponisten als auch alle Mitwirkenden kaum ein Ende nehmen wollte, versteht sich von selbst. |
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19. Oktober 1993 - "Coburger Tageblatt" |
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Hans Höfer |
Wer anläßlich des Festkonzertes zum 150jährigen Bestehen des
Konzertchores "Sängerkranz" in Sankt Moriz ein einförmiges Programm erwartet
hatte, weil drei Werke eines einzigen Komponisten die Vortragsfolge beinhalteten, wurde
eines Besseren belehrt, denn Gerhard Deutschmann, der heuer sein 60. Lebensjahr
vollendete, läßt sich stilistisch nicht festlegen und schwelgt in seinem
kompositorischen Schaffen im Formenreichtum. So hörte man Mehrchörigkeit, wie sie in der Renaissance angesiedelt ist, gregorianische Anklänge sowie barocke und klassische Elemente, die in eine postneoklassizistische Klangvielfalt eingebettet sind. Zwar ist in Gerhard Deutschmanns OEuvre die Entstehungszeit des "Sängerkranzes", das romatische Biedermeier, ausgeklammert, doch wird es von den zahlreichen Stilelementen davor und danach umklammert. Unter der Leitung von Leopold Schindler lieferten die beiden größten Chorwerke Deutschmanns, das "Coburger Te Deum" und die dreisätzige Kantate "La Musica", den musikalischen Rahmen des Jubiläumskonzertes. Im Mittelpunkt stand jedoch die Uraufführung des Opus 100 von Gerhard Deutschmann, die "Sifonie in E", unter der Leitung des Komponisten. Als "Dank an die Musen" bereitete sich der Komponist selbst das schönste Geburtstagsgeschenk. Über das sein Schaffen krönende Werk schrieb er: "Anstelle klanglicher Experimente und Neuartigkeit um jeden Preis werden traditionelle Dinge wie einprägsame Melodik, durchhörbare Harmonik, polyphone Verabeitung und durchsichtiger Formverlauf angestrebt. Eine große Rolle spielt auch das Spielerisch-Musikantische anstelle eines übersteigerten Gefühlsausdrucks". Allen diesen Kriterien wurde Gerhard Deutschmann bei der Konzeption und bei der Aufführung voll gerecht. Ein romantisch-schwärmerisches Hornthema stimmt das Kopfsatz-Andante ein, das vielfältig in barocker Manier kontrapunktisch präludienhaft verarbeitet wird und vom Orchester des Coburger Landestheaters in großer dynamischer Bandbreite und Expressivität zum Klingen gebracht wurde. Das polyrhythmische, musikantische und tänzerische Scherzo, das von einem lyrisch-empfindsamen Trio kontrastiert wird, erlebte eine farbenreiche, transparente, federnde und plastische Wiedergabe. Expressivität, Spannungsgeladenheit, schiksalhafte Motivik, große dynamische Kontraste sowie erregte Dialoge kennzeichneten das dreigeteilte Adagio. Blechgepanzert stellte sich das Eingangsthema des Finales vor, ehe eine hintergründige Perpetuum-mobile-Fuge dahinhuscht. Sein ganzes kompositorisches Können hob sich Gerhard Deutschmann offenbar für den Schluß auf, als er diese beiden kontrastierenden Themen quodlibetartig kombinierte und die Sinfonie mit einer klanglich grandiosen Coda krönte. A la bonne heure für das Orchester, daß ja diese Leistung so nebenbei erbringen mußte und dabei so manche knifflige und diffizile Pasage zu meistern hatte und unter der souveränen Leitung des Maestros eine stürmisch gefeierte vorzügliche Leistung vollbrachte. Zum Auftakt des festlichen Konzertes gab es die Reprise des 1983 der Stadt gewidmeten "Coburger Te Deum" für zwei Chöre, Orchester, Orgel und Publikum, wobei Gerhard Deutschmann eine Brücke zu Melchior Franck schlug, indem er am Ende dessen Rätselkanon "Da pacem, Domine" in die Komposition integrierte. Der Chor des Gymnasium Albertinum (Einstudierung Gerhard Deutschmann), der Konzertchor und das Landestheater-Orchester schufen einen klanglich fulminanten Einstieg, um danach einen spährisch verklärten Engelsgesang anzustimmen, der im Sanctus eine mächtige Steigerung erfuhr. Im weiteren Verlauf gelangen den Vokalisten und Instrumentalisten nahtlose Wechsel zwischen kompakten Tuttipassagen und feinziselierten Lyrismen, zwischen Jubelgesang und Meditation, sowie zwischen rezitativisch-gregorianischen und ariosen Teilen. Der Orgelpart, von Marco Fröhlich äußerst zuverlässig gemeistert, griff klangverstärkend oder solistisch als Chorstütze in das musikalische Geschehen ein. Am Pult waltete Leopold Schindler mit großer Überlegenheit und eindeutiger Gestik, so daß der ambrosianische Lobgesang mit Coburger Anklängen wie aus einem Guß entstand und selbst das Publikum mit Melchior Francks Friedens-Kanon nahtlos in das Geschehen eingebunden war. Deutschmanns erfolgreichste Komposition ist zweifellos die in Barcelona von ihm uraufgeführte Kantate "La Musica", für zwei Chöre, Orchester, Orgel und Publikum. Unter der klaren Diktion von Leopold Schindler erklang der erste Satz vokaliter und instrumentaliter in großer Geschlossenheit, Klangüppigkeit und Musizierfreudigkeit. Der von den Cellokantilenen arios eingestimmte Mittelteil schwelgte in Kantabilität und Intensität, wobei besonders die Orgeloszillationen zum gregorianischen Gesang faszinierten. Als nach dem scherzhaften Beginn im Finale der Kanon "Sine musica nulla vita" verklungen war und die Besucher in den weiteren Kanon "Viva la musica" einstimmten, bebte das altehrwürdige Gotteshaus im vielstimmigen Jubelgesang "Es lebe die Musik!" Die Chöre, das Orchester, der Dirigent und besonders auch der Komponist des Festkonzertes wurden von den Zuhörern am Ende stürmisch gefeiert. So reihte sich das Konzert zum 150jährigen Bestehen des "Sängerkranzes" erfolgreich und würdig in das in seiner Chronik beschriebene reiche Musikleben des Chores ein. |
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La Musica (Text) |
1.Preis bei den DIA
INTERNACIONAL DEL CANTO CORAL 1975 in Barcelona |
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Coburger Te Deum (Text)Teil ITe Deum laudamus, te Deum confitemur |
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Pressestimmen zum Festakt des Jubiläums |
18.Oktober 1993 - "Coburger Tageblatt" - des - |
COBURG. - Dem Konzertchor Coburg Sängerkranz standen stets die
richtigen Persönlichkeiten vor, die zur richtigen Zeit die richtigen Entscheidungen
getroffen haben. So ist es nicht verwunderlich, daß diese Chorgemeinschaft die Zeit
zwischen 1843 bis heute mit großen Erfolgen unter namhaften Sänger- und
Dirigentenpersönlichkeiten überdauerte. Dies stellte Peter Jacobi, Kreisvorsitzender des
Sängerkreises Coburg, in seiner Festansprache zum 150jährigen Jubiläum des
Konzertchores Coburg Sängerkranz deutlich heraus. Im würdigen Rahmen konnte
Sängerkranzv-Vrsitzender Rainer Oertel am Samstagabend im Andromeda-Saal der Ehrenburg
neben zahlreichen Ehrengästen auch den Ehrenvorsitzenden Gerhard Weber und den
Ehrenchorleiter Gerhard Deutschmann begrüßen. Anläßlich des 150. Geburtstages des Konzertchores Coburg Sängerkranz könne man in Anbetracht der vielen Jahre in Versuchung kommen in Ehrfurcht zu erstarren, meinte Oertel. Bei allem Stolz aber stehe der Chor in der Gegenwart und denke an die Zukunft. Schwer sei es, so der Vorsitzende, sängerischen Idealismus der Jugend zu vermitteln, da sich die Jugendlichen schwer in eine Gemeinschaft einbinden lassen. Auch wenn sich die Zeiten grundlegend änderten, gelte es für den Konzertchor als erstrebenswert, in Fröhlichkeit glücklich miteinander zu singen und die Freundschaft zu pflegen. Die besten Glückwünsche der Stadt und des Stadtrates überbrachte Coburgs Oberbürgermeister Norbert Kastner, der die Schirmherrschaft für das 15Ojährige Jubiläum übernommen hatte. Er hob die besondere Bedeutung des Konzertchores Coburg Sängerkranz für die Kulturlandschaft Coburgs hervor. Der Chor habe im letzten Jahrhundert ein ausgeprägtes Profil gezeigt, sei nicht abgeschliffen, sondern habe sich positiv verändert. Der Mut der Chorleiter, Neues anzugehen, habe sich bezahlt gemacht und sei Motivation, große Herausforderungen anzunehmen, meinte der OB. Der Konzertchor präsentierte nicht nur große Klassiker, sondern oftmals auch zeitgenössische Musik, die den Menschen am Herzen liege. Er habe in all den Jahren bewiesen, daß im Sängerkranz nicht nur mit der Stimme, sondern auch mit dem Kopf gearbeitet werde, würdigte Norbert Kastner abschließend. Peter Jacobi hatte sich zu Beginn seiner Festansprache einer besonders angenehmen Pflicht zu entledigen, denn er konnte in Namen des Deutschen uhd Fränkischen Sängerbundes den Konzertchor Coburg Sängerkranz für seine Leistungen und hervorragenden Verdienste um die Pflege des Chorgesangs mit Ehrenurkunden auszeichnen. Die Gesangvereine, so der Vorsitzende des Sängerkreises Coburg, Peter Jacobi, geben sich heute betont "unpolitisch". Doch müsse von den Propagandisten der Chorbewegung verlangt werden, daß sie sich mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzten, auf Alltagsprobleme reagieren und entschlossenes Handeln für eine lebenswerte Zukunft erkennen lassen. Es genüge nicht, die Nachwuchssorgen der überalterten Chöre zu beklagen, auf die widerwärtige "Kulturkrake Heimatdümmelei" in unseren Medien zu verweisen, in die sich "musikalische Bordelle" eingenistet hätten und die unsäglich peinlichen Auftritte bekannter Massenchöre zu verdammen, stellte Jacobi heraus. In seiner Festansprache ging Peter Jacobi auch auf das immer wieder diskutierte Thema "Junge Menschen und Gesang" ein. Vielfältig seien die Erklärungen und Deutungen über Ursachen für mangelnden Nachwuchs in Gesangvereinen und die Abstinenz junger Menschen gegenüber aktivem Singen. Die Schlüsselposition scheinen nach Ansicht von Jacobi die Schulen innezuhaben. 1 Die Kinder und Jugendlichen machten dort ihre ersten und prägenden Erfahrungen im Singen und Spielen und im ernshaften Hören von Musik. Der Weg zum Deutschen Sängerbund beginne im Musikunterricht der Schule. Zwei Wochenstunden Musik sollen an den Schulen Pflicht bleiben, denn eine Jugend, die musiziert, ist auch fähig, sinnvoll und gewaltfrei zu zu kommunizieren, forderte Peter Jacobi. Musik in der Freizeit, so der Festredner, sei heute längst viel mehr geworden als bloßes Hobby. Für Millionen von Menschen ein Stück Atemluft ohne die sie das "Leben" von heute und morgen nicht mehr bewältigen könnten. Auch künftig werde das Singen im Chor Zulauf haben, weil die Menschen das Gemeinschaftserlebnis brauchten und weil es übertragbar sei auf eine große, nicht in Zahlen ausdrückbare Anzahl sing- und hörbegeisterter Menschen. Sängerkranz-Vorsitzender Rainer Oertel nahm die 150-Jahr-Feier zum Anlaß, verdiente Sänger und Sängerinnen zu ehren. Für zehqjährige Zugehörigkeit wurden Marlies Gstädtner ausgezeichnet. Für 25 Jahre Mitgliedschaft sowohl im Sängerkranz als auch im Deutschen und Fränkischen Sängerbund, wurde Ingeborg Dreier und Klaus Schneyer mit der silbernen Ehrennadel ausgezeichnet. Annemarie Bräutigam und Hilde und Erich Bauer wurden für 40jährige Treue zum Gesang geehrt. Seinen besonderen Dank sprach Rainer Oertel auch Erika Schumann für die perfekte Vorbereitung und Durchführung der 150-Jahr-Feier aus. Die musikalische Ausgestaltung des Festaktes übernahmen Rainer Grämer (Bariton), Gerhard Deutschmann (Klavier), Simone Graf (Flöte) und Sabine Richter (Klavier). - des - |
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Verdi - Requiem (Pressestimmen) |
30. Juni 1993 - "Neue Presse" Coburg |
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Martin Potyra |
Das fünfte und letzte Sinfoniekonzert der laufenden Spielzeit am
Landestheater lockte die Zuhörer nicht in den Musentempel sondern ein zweites Mal in die
Morizkirche zum Requiem von Guiseppe Verdi. 1986 erklang das monumentale Werk an gleicher
Stelle zum letzten Mal, damals vom Bach-Chor unter der Stabführung von Hans Martin Rauch
interpretiert. Am Montag abend setzte sich der Chor aus dem Konzertchor
"Sängerkranz" Coburg, dem Chor des Landestheaters und Mitgliedern des
Bach-Chores zusammen, wobei das erstgenannte Ensemble den äußeren Anlaß zu dieser
Aufführung gab, nämlich sein 150jähriges Bestehen. Der Gemeinschaftschor und das
Orchester standen unter der Gesamtleitung von GMD Christian Fröhlich. Als Vokalsolisten
waren zu hören Brigitte Hahn (Sopran), Daphne Becka (Alt) und Neal Davis (Baß). Für den
kurzfristig erkrankten Roland Wagenführer hatte Bernd Gilmann die Tenopartie übernommen. Schon anläßlich des Todes von Gioacchino Rossini machte Verdi seinem Verleger Ricordi den Vorschlag, von den angesehendsten Komponisten Italiens in Gemeinschaftsarbeit ein Requiem schreiben zu lassen, das eine nur eimalige Aufführung erleben sollte, um künftig nur an Gedenktagen zu Ehren des großen Komponisten wieder zu erklingen. Begeistert folgten 13 der ersten Musiker Italiens dem Aufruf - Verdi selbst steuerte das "Libera me" bei, doch der Plan scheiterte an der Engstirnigkeit und Eitelkeit einiger sich zurückgesetzt fühlender Tonsetzer und Dirigenten. Für eine Komposition allein aus der eigenen Feder entschloß sich Verdi dann endgültig, als er im Jahre 1873 vom Tode des Dichters Alessandro Manzoni erschüttert wurde, denn jenem galt seine höchste Verehrung. Am ersten Jahrestag des Ablebens des Schriftstellers erklang in der Mailänder Kirche San Marco die Uraufführung unter der Leitung des Komponisten. Seitdem halten sich Begeisterung und Kritik die Waagschale, denn Verdi brachte die dramatischen Elemente der Oper auch in die liturgische Form mit ein. Keine Diskrepanz Angesichts der heterogenen Zusammensetzung des Chores durfte man auf dessen Leistung gespannt sein, denn nicht immer ergibt eine Mischung aus Laiensängern und ausgebildeten Stimmen ein einheitliches Klangbild. Aber bei dieser Aufführung konnte man keinerlei Diskrepanz vernehmen, hier fanden sich alle Sängerinnen und Sänger zu einer klanglich abgerundeten Gemeinschaft zusammen, die mit Sicherheit dem Konsens von Leopold Schindler (Einstudierung Konzertchor "Sängerkranz"), Alexander Kowalsky (Einstudierung Chor des Landestheaters) und Christian Fröhlich zuzuschreiben ist. Dazu kam natürlich rhythmische Präzision vor allem bei den Fugen im "Sanctus" und "Libera me", eine Fülle dynamischer Nuancen, exacte und verständliche Aussprache sowie eine Gestaltungskraft, die nicht allein der Zeichengebung des Dirigenten entsprang, sondern innere Anteilnahme verkündete. Eine ebenso formidable musikalische Wiedergabe hörte man vom Orchester des Landestheaters, das mit höchster Konzentration und Präzision sowie in allen Positionen optimalen Intonation zu Werke ging. Da ließen die expressiven Eruptionen des "Dies irae" an Gewalt nichts zu wünschen übrig, da wurden die klangmalerischen Finessen effektvoll ausgekostet und da konnte man aber auch in glaubhafteste tiefreligiöse, ja fast verklärte Klangwelten hinabtauchen. Den vorbereitenden Trompeten zum "Tuba mirum" gebührt besonderes Lob für die spannungsvoll eingeleitete Steigerung zu diesem Abschnitt. Das Streicherensemble glänzte durch absolute Geschlossenheit und die solistischen Leistungen der Holz- und Blechbläser überzeugten das ganze Werk hindurch. Kleine Höhepunkte Brigitte Hahn gewann ihrer Sopran-Partie alle Schattierungen ab, die der Komposition abzulauschen sind. Ausdrucksstärke in allen Lagen, Intonation und Aussprache vom Feinsten und ein strahlendes hohes C am Schluß sowie natürlichste Kongruenz in den Duetten mit dem Mezzosopran wirkten als kleine Höhepunkte im interpretatorischen Fluß. Nicht weniger bravourös präsentierte sich Daphne Becka, stimmlich in Bestform und expressiv bis ins Detail. Die Eindringlichkeit ihrer Darstellung offenbarte sich vielleicht am deutlichsten im "Liber scriptus proferetur". Nicht leicht hatte es der Tenor Bernd Gilman,der in dieses Ensemble hineinspringen mußte. Doch bei ihm spürte man nach wenigen takten den Routinier, der seine Partie bis in den letzten Akzent und die kleinste Verzierung kennt und mehr oder weniger traumwandlerisch Duette, Trios und Quartette der Solisten mitgestaltet. Sein lyrischer Tenor reinsten Wassers verliert auch in der Höhe nichts an Geschmeidigkeit und sein Pianissimo drang auch in den letzten Winkel des Raumes. Seine ausgedehnteste Aufgabe, das "Ingemisco" besaß die geforderte schmerzliche Süße. Neal Davis schließlich lebte seine Partie hör- und sichtbar. Mit technischer Perfektion und fundamentaler Kraft gab er seinen Einsätzen überzeugenden, beinahe missionarischen Charakter, das "Confutatis maledictis" legte ein getreues Zeugnis davon ab. Suggestiv GMD Christian Fröhlich würdigte die zwei Meter entfernt geschlossen liegende Partitur keines Blickes, sondern konzentrierte sich auswendig auf die Führung der Mitwirkenden. Und da arbeitete sein Gedächtnis wie ein Computer, jedes Detail vorbereitend und suggestiv umsetzend. Vor allem aber hatte er die große Linie, das Spannungsfeld zwischen Trauer und Trost, frommer Hingabe und menschlicher Ängste im Blick und in seinen Händen. Ihm selbst erging es da nach dem Schluß-Morendo wie dem bis auf den letzten Platz besetzten Gotteshaus: Kontemplative, ausatmende Stille, erst dann Beifall, dem sich berechtigte Bravos beimischten. |
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30. Juni 1993 - "Coburger Tageblatt" |
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Hans Höfer |
"Bei sicherer Beherrschung der Partitur und tiefer Versenkung
in den geistigen Gehalt des Werkes ließ er Bitten und Flehen, Donnern und Drohen, Zittern
und Zagen, Lobpreisen und Glauben tönendes Leben werden", hieß es in einer
Rezension anno 1967 als Hans Hein mit dem Coburger "Sängerkranz" Guiseppe
Verdis "Messa da Requiem" im Vorgriff auf das 125jährige Bestehen des Chores
zur Aufführung brachte. Ein Vierteljahrhundert später, als Präambel für die 150-Jahr-Feier des Konzertchores, stand das "liturgische Ungeheuer", im Rahmen des fünften Sinfoniekonzerts des Landestheaters in Zusammenarbeit mit dem Bachchor und dem Konzertchor "Sängerkranz" in St. Moriz erneut auf der Vortragsfolge. Unter der Leitung von GMD Christian Fröhlich spielte das Orchester des Landestheaters. Es sangen Brigitte Hahn (Sopran), Daphne Becka (Alt), Roland Wagenführer (Tenor) und Neal Davis (Baß) sowie der Chor des Landestheaters (Einstudierung Alexander Kowalsky) und der Konzertchor "Sängerkranz" (Leopold Schindler) und der Bachchor (Peter Stenglein). So stand es zumindest im Programmheft, doch beteiligte sich der Bachchor lediglich mit einem Damenkammerchörchen an der Aufführung, und ob eine Einstudierung erfolgt ist, erschien mehr als fraglich. Die oftmals aphorismenreich heraufbeschworene Solidarität bei der Musikausübung erwies sich an diesem Abend als Schall und Rauch. Für das geplante, jedoch nicht zustande gekommene Gemeinschaftsrequiem anläßlich des Todes von Rossini, komponierte Verdi, der die Anregung dazu gab, die grandiose Fuge zu dem außerhalb des Responsoriums angesiedelten "Libera me". Diesen Beitrag verwendete Verdi später für ein eigenes Requiem, das zum Gedächtnis an den Dichter Manzoni 1874 in Mailand zur Aufführung gelangte. Wie bei Schubert führt Verdi durch die Wendung des Tongeschlechts von der Trauer zum Trost. Ganz aus der Stille und verhalten ließ Christian Fröhlich im Chor und Orchester den Introitus anklingen, doch geriet das erste A-capella-Chortutti noch etwas zu kompakt und vierschrötig. Dafür gelangen die nachfolgenden Passagen in lyrischer Schönheit, und mit dem Einsatz der "Vox humana" des Solistenquartetts wurde der "satte" verdische Klang komplementiert. Im "Dies irae" ließ der Dirigent den circa 110 Sängerinnen und Sängern kaum eine Chance, sich über das wie entfesselt agierende Orchester hinwegzusetzen. Das galt noch in verstärktem Maße für das "Tuba mirum". Die übrigen "Bilder" wurden vom Solistenensemble, Chor und Orchester in großer Plastizität gezeichnet, indem sowohl Furcht und Schrecken als auch Trost und Hoffnung zum Ausdruck kamen. Die Solisten sangen dabei ihre Parts mit großer Ausstrahlung, viel Emphase, Gestaltungskraft und Belkanto wie im Terzett "Quid sum miser", im Quartett "Salva me", im Duett "Recordare" und in den beiden Soloarien für Roland Wagenführer und Neal Davis. Aber auch das Orchester konnte sich durch transparentes und plastisches Gestalten voll profilieren, ehe Daphne Becka das ergreifende "Lacrimosa" einstimmte. Bereits im umfangreichen "Dies irae" bewies das Solistenquartett selten zu hörende Homogenität. Hell, durchscheinend und verinnerlicht boten die Solisten und Instrumentalisten das "Offertorio", dessen transzendenter Abgesang große Beseeltheit ausstrahlte. Virtuos, plastisch, federnd und diesseitig meisterte der Chor die Doppelfuge zum "Sanctus". Die an die Gregorianik gemahnenden archaisch oktavierenden "Agnus-Dei"-Variationen erreichten im Gegensatz dazu einen jenseitigen Charakter. Ganz ins Meditative versetzten Daphne Becka, Roland Wagenführer und Neal Davies das "Lux aeterna", ehe Brigitte Hahn das stimmlich faszinierend umgesetzte "Libera me" dramatisch rezitativisch einstimmte, das der Chor vielgestaltig ausdeutete, um die Schlußfuge mit ihren ungewöhnlichen Intervallen mit Verve, ja mit Drive, zur Krönung des Werkes interpretierten. Das Eingangszitat gilt uneingeschränkt für die vorzügliche Leistung Christian Fröhlichs am Pult: "Bei sicherer Beherrschung der Partitur und tiefer Versenkung in den geistigen Gehalt des Werkes ließ er Bitten und Flehen, Donnern und Drohen, Zittern und Zagen, Lobpreisen und Glauben tönendes Leben werden". Nach einer "Schweigeminute" brandete für diese musikalische Großtat minutenlanger Beifall auf, der in stehende Ovationen für das Solistenquartett, die Chorgemeinschaft, das Orchester und den Generalmusikdirektor mündete. |
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Lokalpresse zum "Paulus" in Hildburghausen |
Festlich
ist der Anlaß, festlich weiß-golden erglänzt die Kirche in frisch restaurierter Pracht,
festlich gestimmt ist die Zuhörerschar, festlich erhebt sich der hundertstimmige
Lobgesang und mündet in hymnisch kraftvollen Chorjubel. Zum ehrgeizigen Kraftakt wird das
Oratorienkonzert zur feierlichen Wiedereinweihung der Christuskirche Hildburghausen, indem
nach zwei Jahrzehnten erstmals auch wieder die Orgel zum Klingen gebracht wird. Felix
Mendelssohn-Bartholdys' "Paulus" vereint die Stadtkantorei Hildburghausen, den
Konzertchor Sängerkranz Coburg und die Thüringen Philharmonie Suhl zu einer
thüringisch-fränkischen musikalischen Gemeinschaftsaktion, der man am Vorabend zur Tag
der Einheit wohl auch symbolische Akzente abgewinnen kann. Anlaß für allzu empindsame stilistische Grübelei will diese Aufführung jedenfalls nicht bieten. Hildburghausens Kirchenmusikdirektor Volker Koch hält sie durchaus an die traditionelle Lesart von Mendelssohns Oratorium. Der Grundton ist lyrisch bis hymnisch, doch ist Koch auch bemüht kontrastierende kraftvoll-dramatische Akzente zu setzen, etwa in einigen energisch artikulierten Chorszenen. Die Stadtkantorei Hildburghausen und der Konzertchor Coburg (Einstudierung: Leopold Schindler) erweisen sich dabei als beachtlich homogener, konzentriert singender Klangkörper, der nicht nur kraftvolle Forte-Akzente setzt, sondern auch polyphone Passagen sicher bewältigt. Diese engagierte Chorleistung trägt auch über einige Ungenauigkeiten hinweg, die aus Volker Kochs introvertierter Zeichengebung resultieren mögen. Beachtliches Konzentrationsvermögen muß auch die Thüringen-Philharmonie Suhl beweisen, die den Chören und Solisten den durchweg zuverlässigen orchestralen Rückhalt bietet. Nicht ganz ausgeglichen besetzt wirkt das Solistenterzett, in dem Norico Kimura (Weimar) mit überaus schlankem, sicher geführtem Sopran ausdrucksmäßig ein wenig blaß bleibt. Stimmlich und gestalterisch nachhaltig überzeugen dagegen der Tenor Chritoph Rösel (München) und der Bassist Mario Hoff (Weimar) durch ihre stets eindringlich textbezogene zudem stilsichere Interpretation. Ausdauernder Beifall. - jb |
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