Antonin Dvorák
.
"Die heilige
Ludmila"

15. Oktober - St. Moriz Kirche
Renate Düerkop
Elke Ullrich
Cenonas Zemaitis
Pascal Borer
.
Kammerorchester der
Prager Symphoniker
1995

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Das Werk

Nomen est omen: LUDMILA, "die das Volk Liebende", trug ihren Namen zu Recht. Als Gattin des böhmischen Herzogs Borivoj ebnete sie den Weg für die Christianisierung ihres Landes und war ihrem Volk eine gerechte, mildtätige Herrin. Nach dem Tod ihres Gatten und ihrer beiden Söhne widmete sie sich ganz der Erziehung ihres Enkels Wenzel, der später als sanftmütiger, friedfertiger Fürst ebenso geliebt wurde wie sie.
Wenzels Mutter Drahomira, die noch die heidnischen Götter anbetete, reagierte auf Ludmilas wachsenden Einfluß mit Eifersucht und Haß. Obwohl Ludmila die Prager Burg verließ und auf Burg Tetin ein zurückgezogenes Leben führte, wurde sie ermordet. Auch Wenzel 1. (910 - 929) wurde ein Opfer von Eifersucht und Machtgier - sein jüngeren Bruder Boleslav brachte ihn um. Ludmila und Wenzel wurden heiliggesprochen und fortan als Schutzpatrone Böhmens verehrt.
Der tschechische Komponist Antonin Dvorák hatte in England auf mehreren Konzertreisen vor allem mit seinem "Stabat Mater" glänzende Erfolge errungen und erhielt daraufhin den ehrenvollen Auftrag, für das Leeds Festival ein Oratorium zu schreiben. Er entschied sich für "Die heilige Ludmila" nach dem Text von Jaroslav Vrchlicky. Am 15. Oktober 1866 wurde das Oratorium in England uraufgeführt; im Februar 1887 folgte die erste tschechische Aufführung im Prager Nationaltheater.

Die Handlung des Oratoriums ist in drei Teile gegliedert:

(I) Auf Ludmilas Burg Melnik huldigt das Volk den heidnischen Göttern Triglav, Svantovit, Radgast, Perun und der Göttin Bába. Die Lobgesänge werden durch das Erscheinen des Einsiedlers Ivan unterbrochen, der auf den einen wahren Gott hinweist. Das Volk reagiert mit Verwirrung und Angst; jedoch Ludmila ist tief ergriffen und fragt nach dem Weg ins Gnadenreich.

(II) Ludmila findet mit ihrer zaghaften Gefährtin Svatava in der Wildnis der böhmischen Wälder die Höhle des Einsiedlers und bittet ihn um Einweisung in den neuen Glauben. Wildes Jagdgetümmel zerreist die Stille. Fürst Borivoj und seine Jäger verfolgen die Spur eines verwundeten Rehs, das in Todesangst zu Ivan flieht und von ihm spontan geheilt wird. Tief beeindruckt von diesem Wunder und von der holden Erscheinung Lumilas will Borivoj sein bisheriges wildes Leben aufgeben, den Weg zum Licht suchen und Ludmilas Liebe gewinnen.

(III) Im Dom von Velehrad, bis heute das Symbol der Christlichen Anfänge im damaligen Großmährischen Reich, lassen sich Ludmila, Borivoj und das ganze tschechische Volk von Bischof Methodius taufen. Mächtig erklingt das älteste erhaltene tschechische Lied, das der Überlieferung nach stets bei der Krönung der böhmischen Könige gesungen wurde: "Herr und König, komm in Gnaden, Frieden gib dem Lande!"

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Libretto

TEIL 1

INTRODUKTION UND CHOR DER HEIDISCHEN PRIESTER

Schon will die Nacht zum Schoß der Wälder hinflieh'n,
der Tag naht, und der Sonne goldne Gluten
Rosen auf die grauen Felsen hinsprüh'n
bald Flur und Tal liebkost der heil'ge Strahl.
O Sonne, Glanz aus nachtentrückten Räumen,
vom Auge banne allen trüben Traum,
und hauch in mich den Sang von Au und Hainen,
dein Strahl und Odem sei im Herzen Gast!
Schon will die Nacht...


VOLK

Blüten, die der Lenz geboren,
holden Atems, taubenetzte,
o Göttin, dir sie erkoren!
Mutter, höre unser Klagen,
und vertreib des Frostes Grimm
und von uns die Plagen nimm!
Blüten, die der Lenz geboren

PRIESTER UND VOLK

Nacht ist heilig uns und heilig ist das Tagen,
und Tag und Nacht sind unser aller Schoß.
Hoch im Weltenraum die Götter mächtig ragen,
Svantovit und Radgast ewig groß!

CHOR

Triglav, Welterhalter, Dreigestalter,
FeLs und Grund im ew'gen Strom der Zeit,
Preis dir und Heil!
Perun, Donners Walter, Blitzumstrahlter,
dessen Ruf dröhnt erd- und himmelweit,
Preis dir und Heil!
Ihnen lodre heller Opferbrand,
spendet, Götter, Heil dem Heimatland!
Waltet, Götter huldreich uns und mild,
heiligt gnädig Pflug und Schwert und Schild,
haltet ob den Fluren eure Hand,
Preis und Heil euch, wahrt und wehrt das Land!

LUDMILA

Wie meinem Herzen Jubel nun entquillt:
der Göttin heilig Bildnis soll ich weihn,
das gnadenreiche Wundermal und Bild
dem Väterglauben Unterpfand und Schrein.
O Göttin, die du blickst auf uns hernieder,
erhaben in besonnter Gnadenpracht,
nimm auf in Huld die frommerglühten Lieder,
o neig dich herab und leih uns,
Hohe, deine Macht,
all Übel banne, gib uns Brot und Trank,
die Fluren segne, schütz' das Vaterland!

CHOR

Höre in Huld uns're glühenden Lieder,
neig' dich, 0 Hohe, zeig' uns deine Macht,
die Fluren segne, schütz' das Vaterland!

LUDMILA

Seit meinen Kindheitstagen
wollt' nah dem Ort ich sein,
wo strahlend Götter ragen
im heilig stillen Hain
an ihrem Webstuhl weilen,
der webt die Fäden all
und macht im Fluge eilen
die Sonnen ohne Zahl.
Am Borne ew'ger Wahrheit
ergründen Blatt und Baum,
erschauen letzte Klarheit
im lichtgetränkten Raum.
O seht sie herrlich lohen
und uns zur Seite stehn,
bei Nacht und Tag die Hohen
mit uns des Weges gehn!

CHOR

Stets weilen Götter nah,
wohin wir immer schreiten,
stets weilen Götter nah,
die unsern Schritt geleiten.
Nacht ringsumher die Seel' beschwer',
sie sind uns Schild und Wehr
in jedem Kampf und Streiten,
und stehen schirmend uns bei!

LANDMANN

Nun leget Kränze her,
ihr Duft die Göttin labe,
und Fladen ringsumher,
auch honigschwere Wabe.
Die Hohe jeder ehr'
mit frommer Opfergabe.
Kling Cymbel, jauchzt, Schalmei'n
in Weisen auf und nieder,
und froh sich dreh der Reihn
zum Klang der hellen Lieder!
Es naht voll Duft der Mai,
die Saat zum Tag will wieder.

CHOR

Horch auf den Schall und Klang!
Es klingt wie Streit und Zank!
Horch, was erklingt vom Tor,
wie Zank und Kampf ans Ohr.
Ein Fremder schreitet her,
die Wache senkt die Wehr,
und vor dem greisen Gast
ein Bangen alle faßt.
Nun kommt er heran, aus dem edlen fahlen
Antlitz entströmet ein herrliches Strahlen,
die Augen strahlen Licht und Glut.
Er naht voll Ruh, er naht voll Mut,
nur eine Axt ist sein Gut.
Strahlen die Augen,
er naht voll Ruh und Mut,
die Wache senkt die Wehr,
und vor dem greisen Gast
in Bangen alle faßt.

IVAN

In Staub sinkt nieder! Hier seht das Mal,
das Mal der Wahrheit, Pfand ew'gen Heils!
Quell aller Gnade, Jesu Kreuz!

CHOR

Wer ist der Mann, daß ihn der Blitz verschont?

IVAN

In Staub sinkt nieder, ihm bist du entstiegen, du
eitel Trugbild, das ein Wahn geknetet!
Seht hier den Strahl zu ewig heil'gem Siegen,
seht Jesu Kreuz, und eure Seele bete!
In Staub sinkt nieder!

CHOR

Wer ist der Mann, daß ihn der Blitz verschont?
Ein Schein, ein Hauch, so ging er durch die Scharen,
in seinem Aug' was seltsam Leuchten wohnt,
sein Haupt umwallt von langen grauen Haaren,
er hob die Hand, wir sah'n sie schrecklich ragen!
Im Staub das Bild lag wie vom Blitz erschlagen!

CHOR

O hör den Schrei, der bang im Kreise gellt,
O hör im heil'gen Hain das wehe Klagen, es
stöhnen Hain und Flur und Au und Feld,
durch Baum und Büsche Schauerwellen jagen,
mit Tod bedräut der neue Gott die Welt.
Rettet! Rettet! Götter, rettet uns, helft!
Wer ist der Mann..

LUDMILA

Vergönn mir, dir zu Füssen betend nahe zu sein;
und strömen laß in Tränen meiner Seele Pein.
Wer bist du, Hoher?
Angst und Bangen gebietet vor dir, hinzuknien,
doch drängt zu dir sich mein Verlangen,
du führst zum Born der Liebe hin.
O laß mich fragen, Vater,
sag, wie komm' ich in dein Gnadenreich?
O laß mir Licht und Hoffnung tagen,
ich will zum Licht, ins Himmelreich!
Vergönn mir...

IVAN

Im Herzen such, mein Heim ist nicht auf Erden,
schon bald gewahrst du mich, sollst mein dann werden!

CHOR

Soll alles enden? Wer soll Trost uns geben?
Angst ergreifet uns und zagendes Beben!
Stumm unsre Götter? Ist er gar der wahre?
Und mehr als sie? Was sollen wir nun glauben?

CHOR

Das Chaos droht, und alles ist verloren,
der Abgrund tut sich auf, den Tag zu rauben,
o Leid und Gram und Grauen, wir sind toderkoren,
das Chaos droht, das ganze Weltall taucht in Nacht und Grab!
O ew'ger Lichtstrahl, hoch von dem Himmelszelte droben,
o bring mit Sonnenglanz uns Segen, steig'
nieder, leuchte du uns, weis uns Weg und Pfad!
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II. Teil

INTRODUKTION UND SVATAVA

In welche dunklen Waldesgründe
enteilt dein Schritt, Gebieterin!
Die Felsen zeigen tiefe Schlünde
und Grausen will ins Herz mir zieh'n.
Das Wild es flieht dem Zauberwald,
der Schritte Klang nur widerhallt,
die Angst erfüllt mein Herz mit Bangen,
weiter geh' ich nicht mit dir!
Warum nur ließ ich her mich führen
zum Ort voller Schrecken und Pein!
Ach, seit dem Tag, da jener Greis
bei uns erschien, seit dem Tage schon,
gibst du dich preis heimlichem Leid,
bist du nur Unrast, nur noch Frage.
Der arge Bann, der aus seinem Wort
mit Sturmgewalt sich in dein Herz ergossen,
der Zauber bannt dich, leitet dich fort und fort!
Und hält dich und läßt dich nicht ruhn,
dein Herz macht er kühn und entschlossen.
Wie anders nun ist all dein Tun,
wie tapfer nun im Forst dein Schreiten!
Ach, vordem war dein ganzes Leben
nur Wahn und eitel Lug und Trug.

SVATAVA

Nun sag mir klar: was suchest du?
O sprich, was treibt dich in die Wildnis?

LUDMILA

Zum wahren Gott mich treibt mein Streben,
du weißt doch, wie er kündend sprach:
"Im Herzen such, mein Heim ist nicht auf Erden,
schon bald gewahrst du mich sollt mein dann werden!"
Dem Gottesmann, ihm folge ich.

SVATAVA

Sieh, klafft da nicht ein tiefer Spalt im Fels dort,
von Sträuchern zugehalten, halb verborgen,
und vorne vor dem Felsentor
ein Mal dort ragt empor, ein Kreuz.
Dies Kreuz hielt er, als er erschien
dies Kreuz, dies Kreuz!

LUDMILA

Hier wohnt er wohl, hier seh ich ihn.
Mein Herz sagt mir: er ist gefunden,
der einzig macht den Geist gesunden!
Sieh, die Bewegung dort am Höhleneingang,
das Herz wird mir vor banger Sehnsucht schwer,
sieh, jemand kommt nun, s'ist er!

IVAN

Du bist es, Tochter, willkommen, o Seele!
Nicht ließ dich dunkler Forst den Weg verfehlen,
nicht schreckte dich die Wüstenei,
Getier der Wildnis, rauher Schrei,
wie ich's geahnt, so fandst du her!
So eifrig sei zu allen Zeiten,
ich will das neue Wort dir bringen,
die Wahrheit von des Heilands Wegen,
den lösend ew'gen Weltensegen.

LUDMILA

Dank, Vater, Labung ist, was du sprichst:
mich treibt es zu der Wahrheit Licht,
zu seinem heil'gen Angesicht, zum Heil und Licht.

IVAN

So hör' und glaub' und heg' es treu im Herzen,
die Welt ist eitel Trug, ein Schoß der Schmerzen,
ein rauher Pfad, voll Domen stets hienieden
uns führt empor zu urverheißnem Frieden,
und Macht und Ruhmgier sind Tand vor dem Schöpfer,
im Heiland wohnet unser aller Heil.

BORIVOJS GEFOLGE

Jauchzend im Felde, jauchzend im Walde,
tosend in Schluchten, Lehne und Halde,
Eber und Bären der Jäger erjagt.
Lustig im Köcher rasseln die Pfeile,
schwirren und sausen sieghaft in Eile,
köstlich Geschmetter lohnet die Müh' die dem Edlen behagt!
Jauchzend im Felde...

LUDMILA

Horch, Klang von Hörnern nah und näher hallt!
Die Seel' erbebt von diesem wilden Singen!

SVATAVA

Sieh Pfeil und Schwert und Lanzen ungestalt!
Du mein Gebet, entfalt empor die Schwingen!

IVAN

Welch wüstes Tosen braust durch meinen Wald!
Was will im Wald bei mir das wilde Klingen?

LUDMILA, SVATAVA, IVAN

Heran die Schar braust aller Fesseln ledig,
o Vater du im Himmel, sei uns gnädig!

BORIVOJS GEFOLGE

Wer kann uns halten, wer will uns dämmen,
uns die zerspalten, tosend zerstemmen,
wo ist die Wand, die zu hoch für uns ragt?
Pfeile und Speere laßt uns bewähren,
wagendes Jagen, den Bären zu schlagen,
das lohnt die Müh', die dem Edlen behagt!

BORIVOJ

Was für ein Anblick macht mich weilen.
Betört das Aug' und bannt den Sinn!
Ein Rehlein verwundet vom Pfeile
es flieht in todesbanger Eile,
sinkt bei dem Greise nun lahm hin.
Er zieht den Pfeil ihm aus dem leibe dann,
die Hand schlägt ein Zeichen! Welch ein Zauberbann!
Das Reh lebt, heil ist seine Lende,
und dankbar leckt es ihm die Hände!

BORIVOJS GEFOLGE

Mich faßt ein Schreck, der Laib erstarrt,
die Lust zum Jagen ist dahin,
welch' böser Geist hemmt unsern Zug
mit narrend argem Höllentrug!

BORIVOJ

o welch' ein hold und lieblich Wesen
erscheint dem glückbetörten Auge,
was macht mich jauchzen, hold genesen
und selig meinem Herzen sagen:
Hier ist das Ende aller Jagd,
ein Wild von andrer Art erjag!
Du, Alter, Antwort gib der Frage,
wer du bist, wer sie, sag schnell!

BORIVOJS GEFOLGE

Mich faßt ein Schreck...

IVAN

Zur Gnade leit' ich irre Seelen,
dem Licht zu dienen, stürz' ich Götzen,
Gott will ich dienen und dem Kreuz.

CHOR

Nicht täuscht mich Trug, nicht Schein und Wahn,
hier steht der arge Wunderrnann,
der frevelnd kam als Götterdieb
und unsrer Göttin Bild zerhieb.
Hier seht, die holde Jungfrau da
ist unsre Fürstin Ludmila!

BORIVOJ

Der Holden strebt mein Herz und Sinn entgegen,
wie es nach hellem Licht verlangt den Tag!
So sprich, o Greis, wo find' ich Licht und Segen,
o sag mir, wie ich sie gewinnen mag!

IVAN

Vor Gott, mein Sohn, die Stirne neige,
dann soll der Weg zu ihr sich zeigen, d
och laß vom Wahne dieser Ahnen,
beschreite lichtbestrahlte Bahnen,
zum Heiland hin!

BORIVOJ

O zeig den Weg und weise,
ich rauher Jäger folge dir, dem Greise.
O führe mich, wohin du nur willst,
nur finden laß die Holde mich
und meinen Weg sie eine!

IVAN

Es kranlct die Seele dein an Fehl und Sünden
und ihre Seele prangt in Lilienreine!

BORIVOJ

O weise mir den Weg zum ew'gen Heile,
will tun, was du gebietest, fleh' um Licht,
will ringen und voll Mut zum Lichtbronn eilen,
vor Buß' und Reu' die Seele zaudert nicht!
Den Thron, das Zepter reich' ich dir zum Pfand hin,
vor Christi Kreuze sieh mich nun im Staub knien,
vor allem Seelenheile sieh mich nun im Staub knien!

CHOR

O seht doch, unser Fürst,
er kniet dort von Schmerz gequält, g
ebrochen ist sein wilder Trotz und Hohn!
Zu unsrer Fürstin huldvoll sei du erwählt,
in Schönheit und Tugend zier' du den Thron!

LUDMILA

Wie könnte ich zu dir den Blick erheben,
erlauchter Herr Gebieter diesem Land!
Die Wahrheit such' ich hier, ein ander Leben,
den Weg weist dieser Mann mit milder Hand.

BORIVOJ

Aus holdsel'gem Traum bin ich jäh erwacht,
in Demut laß mich bitten: hab Erbarmen!

IVAN

Gedenk des Heilands, der vom Tod uns löste,
und ihm nun reiche die Hand, so geh!
Sprich ihm zu und lindre nun seinen Schmerz
in tiefem Seelengrunde, du siehst es ja,
im Heil will er genesen!
So geh nun, geh, dann ragt die Morgenstunde
dem ganzen Land und allen seinen Wesen!

LUDMILA

Ich sehnte mich nach diesem holden Tagen
und fühlte in der Brust ein neues Leben...

SVATAVA

Ringsum ist Nacht, wo bist du, holdes Tagen?
Was ist in Schicksals Händen unser Leben?

BORIVOJ

O wunderbarer Zauber, holdes Tagen,
zu neuem Ziel nun wendet sich mein Leben...

IVAN

Gib ihm dein Herz, dann strahlt ein neues Tagen
dem ganzen Lande dein zu neuem Leben...

LUDMILA

... von Tränen und Gebet emporgetragen,
zu einem Licht ohn' Grenzen mich entschweben!

SVATAVA

Wo wäre Kraft, uns hoch empor zu tragen?
Wo Tränen, daß zum Licht wir selig schweben?

BORIVOJ

... und Quell und Bronn aus meiner Küste schlagen
und neue Sonne will mir Strahlen wehen...

IVAN

... dann weicht die Nacht, der Böse flieht geschlagen
und alle Trübnis wird im Licht entschweben!

LUDMILA

Du Vater, Bote du von heil'gen Pforten,
du weisest mir die Bahn zum Licht hinan.

SVATAVA

Schon wank' ich beiden zaubermächt'gen Worten,
mein Gestern stürz' in Staub als Trug und Wahn.

BORIVOJ

... doch lausch' ich seinen zaubermächt'gen Worten.
O Licht und Leben, leuchte meiner Bahn.

IVAN

Das Herz erglüht, zu lichten Gnadenpforten
die Seele schwebt auf strahldurchwirkter Bahn.

CHOR

O Liebesgnade Gabe wonnereich,
hier schweigt das Wort, verstummt der Mund,
unfähig, dich zu künden,
O Liebesabgrund, Gnade ohne gleich!

CHOR DER ENGEL

Aus hohem Reich umstrahlt von Morgenrot,
neigt euch hinab zu tiefen Erdengründen,
sein Antlitz will der Herr dem Lande zeigen,
laßt seine Taube aufs Land niedersteigen.

BORIVOJS GEFOLGE

Horch ! Horch!
Die Engel höret mir den Flügeln rauschen,
und Gottes Hand, sie segnet Böhmens Lande.
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III. Teil

INTRODUKTION UND CHOR

Herr und König, komm in Gnaden!
Jesu Christe, komm in Gnaden!
Du Erlöser aller Welten,
gib uns Heil und neige dich,
Herr und König, unsrem Flehen!
Herr und König, komm in Gnaden!
Jesu Christe, komm in Gnaden!
Gib Gedeihn, Herr und König!
Frieden, Segen unsrem Lande!
Kyrie eleison!
Herr und König, komm in Onaden!
Jesu Christe komm in Onaden!
Gib uns Hed und neige dich,
Herr und König, unsrem Flehen!
Gib Gedeihn, Herr und König,
Frieden, Segen unsrem Lande!
Kyrie eleison!

IVAN

Nun tretet näher, Gläubige in dem Herrn,
der heil'ge Bischof Method wartet schon,
mit Sang und Klang und Jauchzen, mit Freudenliedern,
vor Glück jubelnd geh'n wir vor Gottes Thron.
Er tilgt mit heil'gem Tau die Schuld dem Sünder,
der Heiland nimmt euch auf als treue Kinder.

BORIVOJ

Nicht ich allein und Ludmila,
mein ganzes Volk mit mir, Vater,
es will die Taufe haben: wir bitten!

BORIVOJ UND LUDMILA

O komm und neig dich zu den Frohbereiten,
im heil'gen Tau laß unsre Stirnen baden!
Der Geist schwebt auf und Tränen selig strömen,
komm, Heil, und spende deiner Labung Gnaden!

LUDMILA

Am Ziele meiner heißen Sehnsucht haltend,
dem Vater Dank, daß er den Weg mir wies,
und meine Hände fromm vor Christus faltend,
seh' ich den Weg, der herrlich führt hinauf zum Paradies.
Gott schenkt mir seine Gnaden,
er winkt mir zu in seinem Strahlenglanz,
die Seele will empor zum Licht er tragen!

IVAN

Nun kniet nieder vor dem Bischof beide
zu Häupten schweben Engel hellgeschart zuhauf!
Die Taufe kleide euch mit reinem Kleide,
als Christen stehet nun vermählet auf!
Schwebt hoch, Gesänge, auf den Himmelswegen
und bittet Gott um seinen heil'gen Segen!

CHOR

Nun kniet nieder vor dem Bischof beide
zu Häupten schweben Engel hellgeschart zuhauf!
Nun Erd' und Himmel jauchzend widerhalle!
O singet Alleluja, freut euch alle!

SVATAVA

Jungfrau, Mutter auserkoren,
die das Heil der Welt geboren,
zeig den wahren Weg der Seele,
treubewahrend steh uns bei!
Engel ihr vom Liebesbronnen,
steiget nieder lichtumronnen,
löst im Herzen Qual und Pein,
flößet Licht und Frieden ein!

CHOR DER FRAUEN UND MÄDCHEN

Löst im Herzen Qual und Pein...

CHOR DES VOLKES

Steig auf Gesang, sein Lob empor zu tragen,
und fleh um Heil und Segen unsren Tagen!

SVATAVA

Du, von Sonnen rein Umstrahlter,
sei in Treu den deinen Walter,
Gnade spende deine Hand,
schütz dein treues Böhmerland!

CHOR I, II,  SVATAVA,  IVAN

Du, von Sonnen rein Umstrahlter,
o sei in Treu den deinen Walter,
Gnade spende deine Hand,
schütz dein treues Böhmerland,
für und für solang dich preisen
Ahnensanges fromme Weisen.

LUDMILA, SVATAVA, BORIVOJ, IVAN

Herr und König, komm in Gnaden!...

CHOR

Herr und König, komm in Gnaden! ...

LUDMILA, SVATAVA, BORIVOJ, IVAN UND CHOR

Herr und König, komm in Gnaden!...
Du Erlöser aller Welten,
löse uns, erhör das Flehn,
Herr und König, Herr und König!
Gib uns allen, Herr und König
Segen, Frieden gib dem Lande!
Kyrie eleison!

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Aufführende

Ludmila: Renate Düerkop (Sopran)
Svatava: Elke Ullrich (Alt)
Borivoj: Cenonas Zemaitis (Tenor)
Ivan: Pascal Borer (Baß)

Kammerorchester der Prager Symphoniker

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Vier Jahre später (1999) erfolgte die erste deutsche CD-Einspielung (die tschechische Einspielung datiert von 1963). Bei JPC findet man dazu folgende Angaben:

Classic: Vokalmusik geistlich

 

Dvorak,Anton (1841-1904)

Saint Ludmilla op.71 (Oratorium)

Orfeo, DDD, 99 2 CD, 1660261 69.95 DM (35.76 EUR)

Interpreten/Komponisten: Aghova, Breedt, Beczala, Vele, Rundfunkchor Köln, WDR SO Köln, Gerd Albrecht

Kritik: W. Pfister in FonoForum 4/00: "Hochrangig die beiden Chöre, keinerlei Schwäche bei den Vokalsolisten. Es besteht also Anlass zu der Hoffnung, dass diese rundum inspirierende Aufnahme zur längst fälligen Verbreitung der "Heiligen Ludmila" beiträgt."

Der Meinung W.Pfisters können wir uns nur anschließen. Dieses Werk sollte in unseren Breiten öfter zu hören sein. Der Konzertchor plant eine Wiederholung. Näheres können wir Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht mitteilen. Schauen Sie doch einfach wieder einmal bei uns vorbei.

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Pressestimmen zur Coburger Aufführung

"Neue Presse" Coburg - 17. Oktober 1995

Martin Potyra

Wieder einmal wandelte der Konzertchor Sängerkranz Coburg weitab der üblichen und ausgetretenen oratorischen Pfade mit einer glanzvollen Aufführung der "Heiligen Ludmila' aus der Feder von Anton Dvorák. Unter der Leitung von Leopold Schindler sangen und musizierten der Konzertchor, das Kammerorchester der Prager Symphoniker und die Solisten Renate Düerkop (Ludmila, Sopran), Elke Ullrich (Svatava, Alt), Cenonas Zemaitis (Borivoj), Tenor und der Bassist Pascal Borer als der Eremit Ivan.

Anton Dvorák fand am Text des Dichters Jaroslav unmittelbar Gefallen und entschied sich ohne Zögern für eine Vertonung, die er innerhalb eines Jahres abschloß. Die 1886 im englischen Leeds erfolgte Uraufführung mit 350 Choristen und 120 Musikern wurde jubelnd aufgenommen und bis in das erste Drittel unsere Jahrhunderts wurde das Legenden-Oratorium in zahlreichen Ländern aufgeführt. Heute erfreut sich das "Stabat Mater" des Komponisten größter Beliebtheit und die "Ludmilla" ist nur noch selten zu hören.
Ursprünglich auf drei Stunden konzipiert hat Dvorák das Werk bei einer Einrichtung für eine szenische Aufführung auf zwei Stunden gekürzt und in dieser Fassung war es auch am Sonntag nachmittag in der Morizkirche zu hören, auf das Datum - 15. Oktober - genau wie die Uraufführung. Das dreiteilige Oratorium schildert die Christianisierung Böhmens durch den Eremiten Ivan, der zunächst Ludmilla missioniert und durch ein Heilungswunder auch ihren Bräutigam, Herzog Borivoj bekehrt. Dieser tritt im dritten Akt mit seinem gesamten Volk zum christlichen Glauben über.

Gestaltung voll Vitalität und Eindringlichkeit

Leopold Schindler präsentierte eine Einstudierung und Wiedergabe, die der Theatralik dieses Werkes musikalisch vollauf gerecht wurde. Voller Vitalität und Eindringlichkeit gestalteten Instrumentalisten und Chor die Szenen und die Solisten hauchten ihren Figuren überzeugende Charakteristik ein, allesamt mit vielfältiger und reich differenzierter Dynamik sowie mit expressivem Nachvollzug des Textes.

Hier bestach vor allem der Konzertchor, dessen sängerische Hauptlast sich auf den ersten und dritten Akt verteilte. Vorbildliche Aussprache, zuverlässige Intonation auch an den exponierten stellen und in den A-capella-Passagen gingen Hand in Hand mit rhythmischer Präzision in den Fugati (von einer Kleinigkeit bei "Waltet Götter einmal abgesehen) und beachtliche Homogenität des Vokalensembles. Dabei blieb dessen Aufmerksamkeit ungeteilt bei der musikalischen Leitung, konzentriert die Impulse optimal umsetzend.

Einen ebenfalls ausgezeichneten Eindruck hinterließ das zu erstenmal in Coburg musizierende Kammerorchester der Prager Symphoniker. Größte Geschlossenheit kennzeichnete das Spiel der Streicher, mit einer berückenden sordinierten Passage, während den glänzenden und strahlenden, makellos intonierenden Blechbläsern ein Holzbläsersatz allerbester Güte gegenüberstand, wobei alle solistischen Leistungen auf höchstem Niveau erklangen. Auch die Instrumentalisten setzten die Intentionen des Dirigenten bruchlos und intensiv um.
Ludmila zur Lichtgestalt erhoben

Renate Düerkop verlieh mit raumfüllendem, in der Höhe durchaus noch angenehm weichem Sopran das musikalische Antlitz einer mittelalterlichen Edlen. Weiche Linienführung der Melodik, vorzügliche, ja vornehme dynamische Entwicklung und kontrollierte Wortgestaltung erhoben Ludmila zur Lichtgestalt. Ihr zur Seite stand Elke Ullrich, die als Svatava erst im zweiten Akt in das Geschehen eingriff. Abgerundet wirkte ihr zum Mezzosopran tendierender Alt, eindringlich ihre ausdrucksvolle, aber nicht zu expressive Darstellung von Ludmilas Gefährtin.

Deutliche Nähe zum italienischen Belcanto

Als Landmann war er zunächst zu hören, Cenonas Zemaitis, später als Herzog Borivoj. der in der Höhe strahlend helle und schlanke Tenor konnte sich mühelos auch gegen das orchestrale Tutti durchsetzen und bewies deutliche Nähe zum italienischen Belcanto. Auch wenn er mit ruhevollem Gestus und zuweilen mit missionarischem Eifer sang, so reichte die Stimmgewalt von Pascal Borer nicht immer, um dem Orchester Paroli bieten zu können. Dabei entwickelte er ein angenehmes Timbre mit variablem Ausdruck.
Nicht ganz ausverkauft war das Gotteshaus, in dem der ovationsartige Schlußapplaus lange nicht enden wollte und begeisterte Bravos dem Beifall glitzernde Sternchen aufsetzten.

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"Coburger Tageblatt"  - 17. Oktober 1995

Hans Höfer

Am Anfang und am Ende seiner 150jährigen Geschichte griff der ruhmreiche Coburger Konzertchor "Sängerkranz" auf kulturhistorischem gebiet in die Einigung Deutschlands ein. Nun, in seinem 152. Jahr, leistete er zum Gedenkjahr an das Ende des Zweiten Weltkriegs vor einem halben Jahrhundert einen gewichtigen Beitrag zur musikalischen Völkerverständigung, indem er unter der umsichtigen Leitung von Leopold Schindler, gemeinsam mit den Prager Symphonikern, das in England uraufgeführte Oratorium "Die heilige Ludmila" des tschechischen Komponisten Antonin Dvorák in der Coburger Morizkirche zur vestestädtischen Erstaufführung brachte.

Das internationale Solistenquartett bildeten Renate Düerkop (Sopran), Elke Ullrich (Alt), Cenonas Zemaitis (Tenor) und Pascal Borer (Baß). Die Form der oratorischen Legende hat ihre Wurzeln in Italien. In der Romantik griff im femininen Bereich Franz Liszt darauf zurück, als er "Die Legende von der heiligen Elisabeth", die ja auch Wagner im "Tannhäuser" verewigte, komponierte. 20 Jahre später schuf Antonin Dvorák ein Lebensbild der tschechischen Nationalheiligen Ludmila als Auftragsarbeit 1886 für das "Festival of Leeds". Zwischen "Stabat mater" und "Requiem" entstanden, erklingen auch hier slawisch-volkstümliche Melodien, leuchtende, schubertnahe Harmonik und orchestrale Klangfülle, die in ähnlicher Weise in Dvoráks profanen Kompositionen anzutreffen sind.

Trotz Dvoráks stereotypen Kompositionsstil im chorischem Bereich mit häufigen Anfangsimitationen und Sequenzenreichtum ließ der von Leopold Schindler optimal vorbereitete Konzertchor, der besonders im ersten und dritten Teil des Oratoriums stark gefordert war, nie Längen aufkommen, denn er lotete das Geschehen stimmungsmäßig und gestalterisch bis ins kleinste Detail aus. Zwischen dem getragenen und mit großem Atem gesungenen Chor der heidnischen Priester und dem apotheotisch gesteigerten Krönungshymnus kommentierte der "Sängerkranz" dynamisch vielschichtig, geheimisvoll und dramatisch gefärbt, aufgeregt erzählend, überrascht und erstaunt, flehentlich, plastisch federnd in der Fuge, marschartig vorantreibend, beschwörend, jubelnd, mit Engelszungen oder machtvoll gesteigert.

Im durchkomponierten zweiten Teil schlug die Stunde des Solistenquartetts, obwohl die Sopranistin Renate Düerkop in der Titelpartie bereits im ersten Abschnitt einen stimmlichen Höhepunkt erzielte. Tragfähig und akzentuiert meisterte sie den rezitativen Einstieg, um die Szene "Vergönn mir, dir zu Füßen betend nahe zu sein" verinnerlicht modulationsreich, in großer Gestaltungskraft und ausladender Höhe darzustellen. Ihre Auftrittsszene und auch im weiteren Verlauf sang die Altistin Elke Ullrich als Svatava ausdrucksvoll und warm timbriert und nahtlos zwischen rezitativischem und ariosem Gestalten pendelnd.

Bestimmt, akzentuiert, nasal timbriert mit leuchtender Stimmkraft und freier Höhe meisterte der in Erfurt engagierte litauische Sänger Cenonas Zemaitis den Tenorpart des Fürsten Borivoj, während der den Einsiedler Ivan verkörpernde Schweizer Bassist Pascal Borer sonor und mit der erforderlichen Pathetik agierte, sich aber mitunter schwer gegen den Orchesterklang behaupten konnte. Homogenität demonstrierte das Solistenensemble in dem Quartett "Ich sehnte mich nach diesen holden Tagen".

Aus dem "Konservatorium Europas" angereist, zelebrierten die Prager Symphoniker das Nationalopus ihres Nationalkomponisten verklärt bis hymnisch, tonmalerisch effektvoll, geheimnisvoll bis klangberauscht in dynamisch voll ausgeloteter Wiedergabe. Drei Stunden höchste Konzentration, mit sparsamer Gestik, aber großer Überlegenheit, führte Leopold Schindler die vier Solisten, die 90 Choristen und die 56 Musiker traumwandlerisch sicher durch die Riesenpartitur. Das empfanden auch die vielen Besucher, die die Ausführenden frenetisch feierten.


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