Das
Oratorium "Abraham", op.65
Molique's Vokalwerke (neben dem "Abraham" noch 2
Messen, 2 Kantaten und diverse Lieder) sind weitestgehend unbekannt.
Über sein Oratorium "Abraham" schreibt Dr. Fritz Schröder (in
"Bernhard Molique und seine Instrumentalkompositionen / Seine künstlerische und
historische Persönlichkeit / Ein Beitrag zur Geschichte der Instrumentalmusik des 19.
Jahrhunderts / Mit einem Verzeichnis aller nachweisbaren Werke Molique's und einem
Thematischen Katalog der wichtigsten Instrumentalkompositionen"; Verlag von Berthold
und Schwerdtner, Stuttgart, 1923) am Ende des biografischen Teils:
"Aus Moliques
kompositorischer Tätigkeit der Londoner Zeit kann ich eine Vokalkomposition, nämlich das
Oratorium "Abraham", das ja eigentlich nicht in den Rahmen dieser Arbeit
gehört, nicht unberücksichtigt lassen. Denn die Entstehungsgeschichte und das Werk
selbst geben wichtige Aufschlüsse über die Art und Weise von Molique's Schaffen, sowie
über die hohe Wertschätzung, die er als Komponist damals genoß. Bei der großen
Bedeutung, die Oratorienkonzerte in England hatten, konnte er es sich nicht versagen, sich
auch auf diesem Gebiet zu versuchen. Im Jahre 1858 schrieb er innerhalb von drei Monaten
sein Oratorium.
Er wählte die Geschichte von Abraham und stellte sich seinen Text aus Bibelstellen selbst
zusammen.
In dem Besitzer der Firma Ewer and Co., names Witt (die Firma wurde später
von Novello aufgekauft) fand er einen Verleger. Noch vor jeder Aufführung ließ dieser
das Werk bei Breitkopf & Härtel in Leipzig in Partitur, Stimmen und Klavierauszug
(als op. 65 stechen). Er hatte nämlich nichts geringeres als ein Werk in der Qualität
von Mendelssohn's Elias und natürlich auch die geschäftlichen Erfolge erwartet. Im
September 1860, beim großen Musikfest in Norwich fand unter Leitung des Komponisten die
Uraufführung statt. Das Ergebnis war ein Augenblickserfolg; die Kritik lobte das Werk,
das übrigens stark von Mendelssohn beeinflußt war. Es folgten noch einige
Wiederholungen, dann aber verschwand der 'Abraham'; der große geschäftliche erfolg blieb
aus. Medenlssohn's Elias hatte dagegen noch 1860, also 15 Jahre nach der Uraufführung,
seinem Verleger noch einen jährlichen Gewinn von über 1.000 Pf.St. eingebracht und für
das Recht, den Klavierauszug an einem einzigen Tage einer großen Aufführung im
Kristallpalast in London verkaufen zu dürfen, bot Novello in den 60er Jahren Ewer &
Co. 200 Pf.St. an."
Die
Partitur wurde 1860 in London verlegt
und bei Breitkopf & Härtel
-
Noten: Molique, Bernhard 1802-1869
Abraham op. 65 Oratorium
-
So,GCh,Orch / 125' /
-
Soli: SATB - Chor: SSAATTB - 2.2.2.2. - 4.2.3.0.Oph. - Pk. - Str.
-
(Mietmaterial Gesamtwerk)
die auch Grundlage für unsere Aufführung war.
Der Verlag teilte uns imZusammenhang mit den Aussagen von Schröder mit:
"Ihre
Frage, ob die Beteiligung von Breitkopf nur eine Dienstleistung war ("ließ bei
Breitkopf stechen") vermag ich nicht mehr mit 100% Sicherheit beantworten zu können.
Es ist zwar Tatsache, dass Breitkopf solche Dienstleistungen, wie bspw. Notenstich
und -druck, für Dritte erbrachte. Allerdings enthielten solche Ausgaben dann auch nur
einen kleinen entsprechenden Vermerk. Unsere Ausgabe des "Abraham" nennt jedoch
Breitkopf eindeutig als Verleger, und dies an erster Stelle und größer als Ewer.
Insoweit (und nach Aussagen unseres Archivars) muss davon ausgegangen werden, dass
Breitkopf zumindest einer der Verleger war und zwar jener, der den
"Löwenanteil" an den verlegerischen Aufgaben am Werk erfüllte. Mehr ist leider
zu Ihrer Frage nicht mehr zu sagen, zumal unser Archiv hier nichts weiter
Aussagekräftiges hat.. Dieser Verlag(Ewer) existiert heute nicht mehr. Der
urheberrechtliche Schutz am Werk ist erloschen."
(Thomas Trapp / Breitkopf & Haertel /
Orchester- & Buehnenabteilung)
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Libretto zu
"Abraham"
No. 1 Introduzione / Chor
Selig ist der Mann, der bauet auf den Herrn und des Hort der Herr
ist.
Denn er soll sein wie ein Baum, wachsend an den Ufern des Wassers. Sein Laub soll nicht
welken, was er auch machet, das soll ihm geraten. Denn er soll sein wie ein Baum, wachsend
an den Ufern des Wassers.
Selig ist der Mann, der bauet auf den Herrn und des Hort der Herr ist.
No. 2 Recitativo Tenore Solo
Und der Herr sagte zu Abraham: Ziehe fort aus Deinem Lande, von
Deiner Freundschaft und Deines Vaters Haus, in ein Land, das ich Dir zeigen will. Ich will
erheben Deinen Stamm und Dich segnen und in Dir werden gesegnet alle Geschlechter auf
Erden!
No. 3 Aria Basso Solo
Leit' mich, o Herr, führ' mich in Gerechtigkeit, richte Deinen
Weg vor mir. Ich fürchte kein Unglück, denn Du bist bei mir. Dein Stecken und Stab, sie
trösten mich. So um Deines Namens Willen, Herr, leite und führe mich, leit mich, o Herr!
No. 4 Recitativo Tenore Solo
Und Abraham nahm Sarah, sein Weib, und Lot, seinen Bruder, mit
ihrer Habe, und die Seelen, die sie gezeuget in Haran, und zog von dannen.
No. 5 Quartetto Solo
Zieh' mit Gott, dein Weg ist recht vor dem Herrn, auf welchem du
gehst, zieh' mit Gott. Das Auge des Herrn sieht auf Alle, die trau'n seiner Güte. Der
Herr erhöret dich in deiner Noth und stärket dich.
No. 6 Recitativo Tenore Solo
Und als sie gekommen ins Land Canaan erschien der Herr dem Abraham
und sprach: Deinem Samen will ich geben diess Land. Und Abraham baute einen Altar dem
Herrn und rief den Namen an des Herrn!
No. 7 Aria e Coro, Basso Solo
Abraham: Herr, mein Gott ! Du hast
gezeiget Deinem Knecht, Deine Grösse und Deine starke Hand. Sieh' nieder von Deiner
heil'gen Wohnung und segne Dein Volk und das Land, das Du gegeben uns.
Coro: Herr, mein Gott ! Du hast gezeiget Deinem Knecht, Deine
Grösse und Deine starke Hand. Sieh' nieder von Deiner heil'gen Wohnung und segne Dein
Volk und das Land, das Du gegeben uns.
Abraham: Über uns sei o Herr, Deine Güte, so wie wir hoffen
stets auf Dich.
Coro: Über uns sei o Herr, Deine Güte, so wie wir hoffen
stets auf Dich.
Abraham: Preisst den Herrn, erhöhet alle seinen Namen.
Coro: Preisst den Herrn, er ist der Hort und unser Schild.
Das Herz soll sich freu'n in ihm, wir haben auf seinen heil'gen Namen gebaut. Er ist uns
Hort und Schild, preisst den Herrn.
Recitativo Tenore Solo: Und Abraham war sehr reich und sein
Bruder Lot hatte auch Schafe und Rinder und das Land mochte nicht es ertragen. Es war
immer Zank zwischen den Hirten von Abraham's und den Hirten von Lot's Vieh. Da sprach
Abraham zu Lot.
No. 8 Aria Basso Solo
Abraham: Es soll Zank nicht sein,
noch Streit mein Lieber, zwischen mir und dir. Es soll Zank nicht sein zwischen mir und
dir, meinen Hirten und den deinen, denn wir sind Brüder.
Recitativo Basso Solo: Steht nicht das ganze Land dir offen?
Lieber, scheide dich von mir. Willst du zur Linken ziehen, dann will zur Rechten ich geh'n
oder willst du ziehen zur Rechten, dann will zur Linken ich geh'n. So wähle, so wähle
mein Bruder. Es soll Zank nicht sein zwischen mir und dir, denn wir sind Brüder.
Recitativo Tenore Solo: Und Lot hob die Augen auf und wählte
sich das Land am Jordan, und zog gegen Morgen, also trennte sich ein Bruder vom anderen.
No. 9 Aria Tenore Solo
Wer ohne Wandel einhergeht und nur das Rechte thut, ihn erwartet
ewiger Lohn. Wer den Nächsten nicht schmähet und thuet ihm kein Arges, wer kein Arges
thuet seinem Nächsten und reines Herzens ist, der wird den Segen empfangen von dem Herrn
und Gerechtigkeit von dem Gott seines Heiles.
Wer ohne Wandel einhergeht und nur das Rechte thut, ihn erwartet ewiger Lohn.
No. 10 Aria Soprano Solo
Engel: Und das Wort des Herrn geschah
zu Abraham im Gesicht, sagend: Fürchte nicht, Abraham, ich bin dein Gott und dein sehr
großer Lohn.
Abraham: Mein Gott! Was willst Du mir geben, ich geh' dahin
ohne Kinder?
Engel: So spricht der Herr: Sarah, dein Weib, soll gebären
einen Sohn, den du sollst heissen Isaak, der soll dein Erbe sein. Siehe empor gen Himmel
und zähle die Sterne. Kannst Du sie wohl zählen? So soll dein Same sein!
No. 11 Coro
O wie groß ist Deine Güte, bereitet für Alle so Dich fürchten
und auf Dich trauen. Du gibst ihnen ihres Herzens Wunsch und was ihr Mund bittet, das
verweigerst Du nicht. O wie groß ist Deine Güte, bereitet für die so Dich fürchten,
für die so auf Dich trau'n.
No. 12 Recitativo Basso Solo
Bote: Abraham, es ist geschehen, dass
der König von Sinear und von Elasser und der von Elam und der Heidenkönig Tidel führten
Krieg mit den Königen der Städte der Ebene und rüsteten sich zu streiten im Thale
Siddim, und die Könige der Ebene wurden geschlagen und fielen. Und was über blieb floh
in die Berge. Und sie nahmen alle Habe von den Städten. Sie nahmen auch mit sich Lot und
seine Habe. Ich nur bin entronnen allein dir's zu verkünden!
No. 13 Recitativo Basso Solo
Abraham: Wacht auf, versammelt Alle
Euch um mich her ! Macht aus Euren Pflugscharen Schwerter und aus Euren Sicheln Spiesse,
rüstet zum Krieg, ich will sie züchtigen, sie sollen sterben durch das Schwert!
No. 14 Aria e Coro
Abraham: Steht auf und lasst uns
zieh'n bei Nacht, sie sollen sterben durch das Schwert. Steht auf und lasst uns zieh'n bei
Nacht, sie zu schlagen.
Coro (Bassi, Tenori): Steht auf, lasst uns zieh'n bei Nacht,
sie zu schlagen. Sie sollen sterben durch das Schwert.
Abraham: Nicht sollen wissen sie, noch seh'n, bis wir mitten
unter sie kommen, sie zu tödten. Sie sollen sterben durch das Schwert. Denn dies ist der
Tag des Herrn Zebaoth, dass er sich räche an seinen Feinden. Das Schwert soll sie fressen
und trunken sein von ihrem Blut. Gedenket, der Herr unser Gott zieht vor uns her. Er wird
streiten für uns. Der Herr unser Gott, er wird streiten für uns.
Coro (Bassi, Tenori): Der Herr unser Gott zieht vor uns her.
Er wird streiten für uns, der Herr unser Gott. Der Herr wird streiten für uns.
No. 15 Coro (Soprani, Alti)
Hör' unser Flehen, o Retter uns'res Heiles. Zeige uns Gnade o
Herr. Zertritt die Feinde uns, vernichte ihre Kraft, auf dass sie sehen, dass Du seiest
der Herr über alle Welt. Hör' unser Flehen, o Retter uns'res Heiles, erzeig uns Gnade o
Herr. Hör' das Flehen, o Retter uns'res Heiles, erzeig' uns Gnade o Herr.
No. 16 Recitativo Tenore Solo
Und Abraham waffnete seine Knechte, jagte ihnen nach bis nach Dau
und schlug sie. Und brachte wieder seinen Bruder Lot, und sein Volk und seine Habe.
No. 17 Marcia
A capella
No. 18 Recitativo Basso Solo
Abraham: Du, o Herr, gerüstet mich
mit Kraft, und Du gabst mir die Nacken meiner Feinde, dass ich sie konnte vernichten.
Singet Lob dem Herrn. Er ist mein Schutz und mein Hort und mein Gott voller Güte.
No. 19 Coro
Lobet den Herrn, lobt den Herrn, singet Danklieder ihm. Lobet den
Herrn, er hat gethan Wunder an uns. Er hat erlöset uns von der Feinde Macht. Seine Hand
uns sein heiliger Arm, sie haben ihm den Sieg gebracht. Lobet den Herrn, lobt den Herrn,
singet Danklieder ihm.
Ende des ersten Teiles
Pause
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No. 20 Aria Soprano
Solo
Ich will Dich preisen mein Gott und Herr und loben Deinen Namen
immerdar. Soweit die Wolken gehen reichet Deine Wahrheit und Deine Gnade zum Himmel, o
Herr. Du öffnest Deine Hand und füllst mit Wohlgefallen Alles was da lebt. Ich will Dich
preisen mein Gott und Herr und loben Deinen Namen immerdar. Gross ist der Herr und in ihm
will ich lobsingen. Er ist gnädig, voll Mitleid und Güte. Und der Herr ist Allen nah,
die ihn anrufen und die seine Wege geh'n. Doch verderben wird er die gottlos sind und die
Verächter wird er tilgen für und für. Gross ist der Herr und in ihm will ich lobsingen.
Er ist gnädig und voll grosser Güte. Was da lebt preiset seine Huld.
No. 21 Recitativo Tenore Solo
Und der Herr sagte zu Abraham: Ich bin der allmächt'ge Gott. Ich
will machen einen Bund zwischen mir und dir, und du sollst sein ein Vater vieler Völker.
Ich will auch segnen Sarah, dein Weib. Es sollen kommen viele Völker und mächt'ge
Herrscher aus ihrem Schoos.
No. 22 Trio
Freuet Alle Euch, die Ihr dem Herrn vertrauet. Denn Du o Herr
verlässest nimmer den, der stets Dich in Wahrheit sucht, den Gerechten, und krönest ihn
mit Gnade wie mit einem Schild. Freuet Alle Euch, die Ihr dem Herrn vertrauet.
No. 23 Recitativo Basso Solo
So sprach der Herr: dieweil das Schrei'n von den Städten in der
E'bne ist gross und sehr schwer ihre Sünden, will ich strafen sie für ihren Hochmuth und
für ihre Bosheit.
No. 24 Coro
Ich will über sie kommen, spricht der Herr, mit verzehrender
Feuersgluth, dass ich zerstöre das Land und vertilge im Zorne die Sünder daraus, sie zu
lehren, dass ich bin der Herr.
Recitativo
Abraham (Basso Solo): Herr willst Du umbringen im Zorn den
Gerechten mit dem Sünder? Es möchten vielleicht 50 Gerechte in der Stadt sein. Willst
dem Ort Du nicht verzeih'n um der 50 Gerechten die darinnen sind?
Engel (Soprano Solo): Wenn in der
Stadt 50 Gerechte sind zu finden, will der Herr dem Ort um ihretwillen verzeih'n.
Abraham: Ach siehe, ich hab mich unterwunden zu reden mit dem
Herrn, und bin nur Staub und Asche wenn der Gerechten dort nur 30 zu finden?
Engel: Der Herr wird sie nicht verderben wenn auch nur 30
darinnen sind!
Abraham: Ach zürne nicht o Herr mir, dass einmal noch ich
reden möchte, wenn vielleicht man 10 darinnen fände?
Engel: Der Herr wird sie nicht zerstören, wenn er findet 10!
No. 25 Recitativo Alto Solo
Und der Herr sah herab vom Himmel, zu schauen ob jemand wohl klug
sei und frage nach Gott. Doch ...
No. 26 Aria Alto Solo
... sie hielten nicht den Bund mit dem Herrn und verschmähten das
Wort des Herrn Zebaoth. Sie vergassen alle der Thaten und alle Wunder, die ihnen Er
erzeiget. Ach! Sie glaubten nicht an Gott und hofften nicht auf seine Hilfe. Keiner war,
der that recht vor dem Herrn.
No. 27 Coro
Und der Herr streckte aus im Zorn die Rechte und schlug nieder
sie, dass die Berge wankten, und schlug nieder sie, dass die Berge bebten. Und auf die
Bösen liess er regnen Schwefel und Feu'r und ein schrecklich Gewitter.
Des Tod's grimmer Fürst hat verzehret ihre Kraft, sie getrieben zu dem König des
Schreckens.
No. 28 Recitativo Tenore Solo
Und Sarah gebar dem Abraham einen Sohn und nannte seinen Sohn
Isaak. Und Sarah sah den Sohn der Hagar der Egyptischen, den sie geboren dem Abraham,
spottend, und darum sprach sie zu Abraham:
No. 29 Duo (Alto Solo, Basso Solo)
Sarah: Treib diese Magd aus mit ihrem
Sohn, denn ihr Sohn soll nimmer sein Erbe mit meinem Isaak. Treib diese Magd aus mit
ihrem Sohn.
Abraham: Was erkühnst du dich, dass du redest also? Ist
nicht Ismael mein teurer Sohn ?
Sarah: Treib diese Magd aus mit ihrem Sohn !
Abraham: Ist nicht Ismael mein theurer Sohn ? Ist er nicht
mein trautes Kind?
Sarah: Ismael verhöhnt mich und Hagar achtet mich gering.
Abraham: Ist nicht Ismael mein theurer Sohn, drum bricht mir
das Herz gegen ihn, dass ich seiner doch muß erbarmen.
Sarah: Ob ich schreie laut, ich bin nicht erhöret.
Abraham: Ist nicht Ismael mein theurer Sohn, drum bricht mir
das Herz gegen ihn, dass ich seiner doch muß erbarmen.
Sarah: Du thust mir Unrecht. Der Herr richte zwischen Dir und
mir.
No. 30 Recitativo Soprano Solo
Engel: Abraham, so spricht der Herr:
Lass es dir nicht übel gefallen um des Knaben willen und der Magd. Was dir Sarah gesaget,
dein Weib, dem gehorche du gern, denn in Isaak werde genannt dein Same.
No. 31 Recitativo Tenore Solo
Und Abraham stand auf des morgens frühe und nahm Brot und Wasser
und gab es der Hagar und dem Kind. Dann hiess er sie gehen. Sie zog von dannen und
wanderte in die Wüste.
No. 32 Coro
Befiehl dem Herrn deinen Weg und hoffe auf ihn. Er wird erretten
den Armen und den, der ohne Helfer.
No. 33 Recitativo Tenore Solo
Da das Wasser aus in der Flasche, warf Hagar das Kind unter einen
Baum und ging hin und setzte sich gegenüber, hob ihre Stimme auf, und weinte:
No. 34 Aria
Hagar (Soprano Solo): Hör' mein
Flehen o Herr und vernimm mein Geschrei. Zu meinen Tränen schweige nicht und vernimm mein
Geschrei. Hör' mein Flehen o Herr. Es ängstet mein Herz sich im Leibe. Sei gnädig in
meiner Noth und lass mich nicht sehen des Knaben Todt. Hör' mein Flehen o Herr und
vernimm mein Geschrei, hör' mein Flehen o Herr.
Recitativo Tenore Solo: Und der Engel des Herrn rief vom
Himmel herab der Hagar und sagte zu ihr:
Engel (Alto Solo): Was fehlet Dir? Hagar, fürchte Nichts,
denn Gott hat dich erhöret ! Steh auf, den Knaben nimm und führ ihn bei der Hand. Zum
grossen Volk will er ihn machen.
Recitativo Tenore Solo: Und Gott that ihr die Augen auf, dass
sie sah einen Brunnen. Da ging sie hin und tränkte den Knaben, und in der Wüste wohnte
er und wuchs, und Gott war mit ihm!
No. 35 Coro
Gross ist der Herr, von grosser Stärke. Gross ist der Herr, und
seine Weisheit ist unbegrenzt. Den Schwachen hilft er auf, die Gottlosen schlägt er
nieder zu Staub. Singt Alle dem Herrn. Singt Alle dem Herrn und segnet seine Huld für
immerdar. Singt Alle dem Herrn für immerdar.
No. 36 Recitativo
Engel (Alto Solo): Abraham.
Abraham: Siehe, ich bin hier.
Engel: So spricht der Herr: Nimm deinen Sohn, deinen einz'gen
Sohn Isaak, den du lieb hast, und gehe hin in das Land Morija, und opf're ih dort zum
Brandopfer auf einem Berge, den ich dir nennen will.
No. 37 Recitativo e Aria Basso Solo
Abraham: Vorbei ist die Freude des
Herzens und in Trauer verwandelt mein Ergötzen. Mein Herz ist geschlagen, verdorret wie
das Gras, denn Du nur hobest mich auf und schlugst mich.
Du nahtest mir an dem Tag, da ich Dich hab' gerufen und sprachst: fürchte Nichts. Oh sieh
nun auf mein Elend.
Der Herr hat sich von mir gewendet und mich zunicht gemacht. Der Herr hat sich von mir
gewendet, mein Hoffen zum Herrn und meine Kraft ist hin. Will der Herr allzeit verstossen,
halten nicht was er verhiess ?
Vorbei ist die Freude des Herzens und in Trauer verwandelt mein Ergötzen. Mein Herz ist
geschlagen, verdorret wie das Gras, denn Du nur hobest mich auf und schlugst mich.
No. 38 Aria Tenore Solo
Schütt' aus dein Herz vor dem Herrn und heb' die Hände auf zu
ihm, denn er verschmähet nicht die Betrübten und deren Herze geschlagen ist.
Und ob er dich auch schlägt, doch heilt er deine Wunden nach seiner grossen Güte und
Barmherzigkeit.
Schütt' aus dein Herz vor dem Herrn und heb' die Hände auf zu ihm, denn er verschmähet
nicht die Betrübten und deren Herze geschlagen ist.
Trau auf den Herrn und er wird stärken dich.
No. 39 Recitativo
Tenore Solo: Und Abraham nahm Holz
für das Brandopfer und legte es auf Isaak, und er nahm das Feuer und ein Messer, und sie
gingen zusammen hin nach dem Platz, den Gott ihm genennet. Und Isaak sagte zu Abraham:
Isaak (Soprano Solo): Mein Vater.
Abraham: Hier bin ich mein Sohn.
Isaak: Sieh, hier ist Feuer und Holz, doch wo ist das Schaf
für das Brandopfer?
Abraham: Mein Sohn, Gott wird ersehen ihm ein Schaf für das
Brandopfer.
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No. 40 Aria e Recitativo
Abraham: Herr, sei gnädig, erbarme
Dich meiner. Mein Herz bebet, es bricht meine Kraft, meine Seele ist voll Jammer und mein
Leben ist schon nahe dem Grab.
Tenore Solo: Als sie kamen an den Platz baute Abraham einen
Altar daselbst und legte das Holz darauf und band Isaak seinen Sohn und legte ihn auf den
Altar auf das Holz.
No. 41 Aria e Recitativo
Isaak: Meine Augen heb' ich auf zu
Dir, o Du der Du im Himmel wohnest, verlass mich nicht, o Herr mein Gott, denn ich hoffe
auf Dich, Du wirst hören mein Schrei'n, Du Retter meines Heiles, sei nicht fern von mir
und verlass mich nicht, o Herr mein Gott.
Mein Vater, strecke Deine Hand nicht aus. Nimm das Messer nicht, mich zu schlachten !
Engel (Alto Solo): Abraham.
Abraham: Hier bin ich.
Engel: So spricht der Herr: Leg' an den Knaben nicht deine
Hand. Ich hab' erkannt, dass du fürchtest Gott und dass um meinetwillen du nicht schonst
selbst deinen eig'nen Sohn. Ich hab geschwor'n bei mir: dieweil du solches gethan, will
deinen Stamm ich segnen und ich will mehren ihn wie Sand am Meer und wie die Stern' am
Himmel, weil du gehorchest hast meinem Wort.
No. 42 Duo
Abraham: Die Gnade des Herrn machet,
dass wir noch sind am Leben.
Isaak: Die Gnade des Herrn machet, dass wir noch sind am
Leben. Kein Ende hat seine Güte, sondern seine Barmherzigkeit ist immer neu.
Abraham: Ich rief den Namen und er half mir aus allen meinen
Nöthen.
Isaak: Ich flehte zu ihm und er erlöste mich aus meiner
Furcht.
Abraham: Die Streiche des Tod's umfingen mich. Ich unterlag und er stärkte mich.
Isaak: Er hob von den Thoren des Tod's mich auf und vom
Untergang hat er befreit mich.
Isaak/Abraham: O wie gut ist der Herr zu allen Seelen, die suchen ihn.
Abraham/Isaak: Die Gnade des Herrn machet, dass wir noch sind
am Leben. Kein Ende hat seine Güte, sondern seine Barmherzigkeit ist immer neu.
Lobt den Herrn und seine große Huld.
No. 43 Recitativo Basso Solo
Abraham: Der Herr hat mir erzeiget
unendliche Güte, denn ich sprach in meinem Zagen: ich bin verstossen von Deinen Augen.
Dennoch hörtest Du die Stimme meines Flehens, da ich schrie zu Dir, o Herr mein Gott !
Darum will ich danken Dir für und für!
No. 44 Coro
Gross und wunderbar ist Dein Thun allmächt'ger Herrscher!
Wahr und gerecht Dein Gericht Herr Zebaoth.
Preiset seinen Namen immerdar, denn Du bist heilig und es sollen die Völker der Welt Dich
anbeten.
Lobt den Herrn, mein Gemüth und meine Seele segne seine Huld. Was da lebt segne seine
Huld.
Lobt den Herrn, ihr seine Engel, lobt den Herrn Gott Zebaoth.
Was da lebt segne seine Huld. Amen.
Lob' den Herrn mein Gemüth, lobt den Herrn. Amen.
Lobt den Herrn, ihr seine Engel, lobt o lobt seine grosse Huld.
Lobt den Herrn Gott Zebaoth.
Lobt den Herrn und seine große Huld.
Amen. Amen. Amen.
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Der Abraham-Stoff
Gedenktag katholisch: 9. Oktober (Regionalkalender Mainz)
Name bedeutet: Vater der Menge (hebr.)
Stammvater des Volkes Israel
* in Ur in Chaldäa, heute eine Ruinenstätte im Irak
lebte ca. 2000 v. Chr.
Abraham war nach der Legende der Feldherr des Nimrod (1. Mose 10, 8). Auf Geheiß Gottes
wanderte mit seiner Frau Sara und seinem Neffen Lot aus nach Kanaan, Gott verhieß ihm
reiche Nachkommenschaft. Durch eine Hungersnot gezwungen, zog Abraham weiter nach
Ägypten. Der Pharao begehrte Sara zur Frau, nachdem Abraham sie als seine Schwester
ausgegeben hatte, aber Abraham klärte den Irrtum, wurde beschenkt und kehrte nach Kanaan
zurück (1. Mose 12). Er trennte sich von Lot, der nach Sodom und Gomorrha zog, in
Gefangenschaft des Königs von Sodom geriet und von Abraham befreit werden musste (1. Mose
13 und 14). Der Priesterkönig Melchisedek von Salem trat Abraham am Abend nach der
Schlacht mit Brot und Wein entgegen und segnete ihn (1. Mose 14) - die Geschichte ist für
christliche Leser des Alten Testaments ein früher Vorläufer für das Heilige Abendmahl.
Mehrere Verheißungen prophezeiten Abraham Nachkommen, aber Sara blieb unfruchtbar und gab
Abraham ihre Magd Hagar, damit diese ihm Kinder schenke (1. Mose 16). Abraham erfuhr
später von der Verderbnis Sodoms und trat fürbittend für die Gerechten der Stadt ein
(1. Mose 18). Lot konnte deshalb das schon brennende Sodom verlassen; seine Frau, die sich
verbotenerweise umwandte, erstarrte zur Salzsäule (1. Mose 19).
Abraham sah eines Tages drei Männer seinem Zelt nahen. Er erkannte sie als Engel Gottes,
bat sie zur Fußwaschung und Rast unter seinen Baum, ließ eine Mahlzeit bereiten und
erhielt die Prophezeiung, Sara werde trotz ihres hohen Alters noch einen Sohn gebären (1.
Mose 18). Der Verheißung entsprechend wurde schließlich Isaak geboren. Als der zum
jungen Mann herangewachsen war, stellte Gott Abraham auf eine Prüfung seines Gehorsams:
Auf Gottes Geheiß belud Abraham seinen Esel mit Holz, nahm Isaak mit nach Morija, baute
einen Altar und legte Isaak als Opfer darauf. Im letzten Moment ließ Abraham auf das Wort
der Stimme Gottes hin das Opfermesser sinken, erblickte einen Widder im Dorngesträuch
hängen und opferte diesen (1. Mose 22). Dieser "Gehorsam" Abrahams ist
besonders im Islam hoch geachtet; zum Gedenken wird das Opferfest "Bairam" als
wichtigstes Fest der Muslime gefeiert, bei dem jede Familie ein Schaf schlachtet.
Abraham starb "alt und lebenssatt" mit 175 Jahren und wurde von seinen Söhnen
Isaak und Ismael neben Sara in der Höhle Machpela im späteren Hebron, dem heutigen Al
Khalil in Palästina, begraben (1. Mose 25).
Abraham gilt allen drei monotheistischen Religionen, Judentum, Christentum und Islam als
Vater der Glaubenden."
(Quelle: Ökumenischen
Heiligenlexikon im www).
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Gedanken zum Abraham
- Text
Im Abraham-Oratorium werden wir mit einem
Grundproblem des heutigen Zugangs zu Texten aus dem sogenannten Alten Testament
konfrontiert.
Viele empfinden den Gott des ersten Testamentes als kriegerisch und brutal und den Gott
des zweiten Testamentes als liebend und freundlich.
Diese Einteilung ist jedoch sehr vordergründig und verfälscht die biblische Botschaft
von dem Gott, der der EINE ist und durch die ganze Menschheitsgeschichte hindurch um den
Menschen wirbt.
Auch müssen wir uns
bewusst sein, dass wir, wenn wir von Gott sprechen, es nur in menschlichen Bildern und
Begriffen können. Dieses antropomorphe Sprechen bleibt immer nur ein Versuch, den
UNSAGBAREN zu sagen.
Zu allen Zeiten und in allen Kulturen haben Menschen ihr Schicksal im Deutehorizont von
Göttern zu bewältigen versucht.
Das Opfer war das Unternehmen der Menschen zur Versöhnung der Götter.
Der Mensch musste initiativ werden, um im Opfer Gott zu versöhnen.
Mit dem Volk Israel taucht in JHWH (Jahwe) ein Gott auf, der dem Menschen seinen
Liebesbund anbietet.
Nicht mehr der Mensch muss Gott durch ein Opfer versöhnen, sondern der versöhnte Gott
will den Menschen durch das Angebot des Bundes versöhnen.
Diese beiden Dramaturgien ziehen sich durch die gesamten Heiligen Schriften.
Das alten Unternehmen des Opfers und das Unternehmen Gottes, der Liebesbund.
So ist auch die Geschichte vom Isaak-Opfer zwar so erzählt, als ob Gott dieses Opfer
fordere; der Zielpunkt der Geschichte ist jedoch die Schlußaussage: "Hände weg von
Isaak!" Hier ist religionosgeschichtlich der Abschied vom Menschenopfer bezeugt.
Einfürallemal muß klar sein: Im Bund mit JHWH darf kein Mensch geopfert werden. Daß
auch das Opfern von Früchten und Tieren nicht gottwohlgefällig ist, wird Israel im Laufe
seiner Geschichte noch lernen.
Der Liebesbund den Gott mit den Menschen und der ganzen Schöpfung eingeht ist eine Lern-
und Weggemeinschaft zwischen Gott und Menschen, die zum Leben befähigen will.
Israel muss lernen, durch die Geschichte hindurch, dass es sich immer wieder neu zu diesem
Liebesbund bekehrt.
Die Autoren des Ersten Testamentes erzählen von diesem Schicksalskampf in den Begriffen
und Bildern ihrer Zeit. Sie tun es in menschlicher Sprache und im Horizont menschlicher
Erfahrung.
Dies soll uns heute nicht abschrecken, sondern vielmehr einladen, in unserer Zeit mit
unseren Bildern von diesem Schicksalskampf unseres Lebens zu erzählen.
Auch uns ist der Liebesbund Gottes angeboten, auch uns gilt die Botschaft, dass Gott uns
gut ist.
Auch, wenn uns manche Textstellen im Abraham ärgern oder erschrecken. Sie wollen uns
aufschrecken, zum Nachdenken anregen und zur Auseinadersetzung ermutigen.
Wie gehe ich mit meinem Lebensdurst um, wie halte ich durch und kämpfe gegen die Feinde
des Lebens.
Das Angebot Gottes durch die Geschichte hindurch leuchtet an Abraham auf und gilt jedem
von uns. "Geh aus deinem Haus, in das Land das ich dir zeigen werde."
Dieses Land der Verheißung wartet auf uns und es wird uns überraschen, dass bei Gott, in
seinem Land jede ihren und jeder seinen Platz finden wird.
P. David W. Theil OSB (Diplomtheologe)
München
(Pater David begleitet den Konzertchor schon seit
vielen Jahren. Wann immer es seine Zeit erlaubt, singt er die Oratorienkonzerte mit und
ist auch unserem Chorleiter eine wichtige Stütze während der unmittelbaren
Konzertvorbereitung)
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Abraham in der Kunst
Namhafte Künstler aller Epochen verliehen dem Abraham-Stoff Ausdruck, ob nun
in der darstellenden Kunst oder in der Musik. Berühmte Maler thematisierten die
Ereignisse um Abraham:
-
Caravaggio: Abraham und Isaak; Öl auf Leinwand; 1590; Florenz, Galleria degli
Uffizi
-
Andrea del Sarto: Opferung Isaaks; Holz; 2130 x 1590; um 1527; Dresden,
Gemäldegalerie
-
Alessandro Allori: Opferung Isaaks; Holz; 94x131 cm; 1601; Galleria Degli Uffizi
-
Govert Flinck: Isaak segnet Jakob; Öl auf Leinwnad; 1639; Amsterdam Rijksmuseum
-
Il Guercino: Giovanni Francesco Barbieri il Guercino (1591-1666) Abraham
verstößt Hagar und Ismael; Öl auf Leinwand; 115 x 152 cm; 1658; Mailand, Pinacoteca di
Brera
-
Lucas van Leyden: Abrahams Opfer; Druckgraphik; 28 x 21 cm; 1517-18; Amsterdam,
Rijksmuseumk
-
Lucas van Leyden: Abraham und die drei Engel; Druckgraphik; 18 x 13 cm; 1513;
Amsterdam, Rijksmuseum
-
Rembrandt: Abraham spricht mit Isaak; Radierung, Spuren von Kaltnadel; 15,7 x 13
cm; einziger Zustand; signiert und datiert: Rembrandt f.1645; Amsterdam,
Rijksprentenkabinet
-
Rembrandt: Abrahams Opfer; Kaltnadelradierung; 15,6 x 13,1 cm; signiert:
Rembrandt f.; 1655; Schwerin, Staatliches Museum
-
Rembrandt: Sarai beklagt sich bei Abraham über Hagar; Federzeichnung; 18,9 x
30,3 cm; rechts unten von späterer Hand signiert: Rembrandt; um 1640-45; Bayonne, Musee
Bonnat
-
Rembrandt: Abraham bewirtet die drei Engel; Radierung; 16 x 13,1 cm; einziger
Zustand; signiert und datiert: Rembrandt f. 1656; Amsterdam, Rijksprentenkabinet
-
Rembrandt: Abraham bewirtet die drei Engel; Holztafel; 16 x 21 cm; signiert und
datiert: Rembrandt f. 1646; New York, Sammlung Mrs.C. von Pannwitz
-
Rembrandt: Abraham entläßt Hagar und Ismael; Federzeichnung; 18,2 x 25,2 cm;
oben Links von späterer Hand: GEN: 21.4.17; um 1655; Hamburg, Kunsthalle
(Interessenten finden Kopien aller vorgenannten Werke auf der Homepage der
Universität Leipzig unter der Rubrik
Erzväter)
Die o.a. Biografie im Heiligenlexikon ist u.a. illustriert mit
-
Aelbert Bouts: Abraham und Melchisedek
-
Abrahams Gastfreundschaft. Italienisches Mosaik aus dem 6. Jahrhundert in der
Kirche San Vitale in Ravenna
-
Rembrandt: Abraham und Isaak. 1634. In der Hermitage in St. Petersburg
Aber auch in die Musik fand das Thema Einzug.
Melchior Vulpius (1560 -1615) und Heinrich
Schütz (1585-1672) vertonten den Text "Vater Abraham,
erbarm dich mein" (beide im CARUS
Verlag erschienen) .
Giacomo Carissimi (1605-1674; seit 1630
Kapellmeister am Collegium Germanicum-Hungaricum in Rom) hat in seinen Werken
gewissermaßen das Oratorium als Gattung definiert. Der Schwerpunkt seiner 16 Oratorien
liegt in den Chören: Sie sind einfach homophon gebaut, jedoch vielfältig im Ausdruck von
dramatischer Situation und Affekt; dem Rhythmus liegt der sprachliche Akzent zugrunde. Die
solistischen Partien sind hauptsächlich in der Form des erzählenden Rezitativ-Ariosos
gestaltet, arienartiger Gesang ist sparsam auf die Lösung des Konflikts verwendet. Die
Texte von unbekannten Verfassern sind aus biblischen Texten und frei erfundenen Teilen so
wirkungsvoll zusammengesetzt, dass sie fast schon Opernlibretti sein könnten. Carissimi
schrieb u.a. das Oratorium "Abraham et Isaac",
dessen CD-Einspielung von 1971 am 1.1.2000 bei ERATO veröffentlicht wurde u.a. bei JPC
erhältlich ist: 2 CD / 1846791 / 23.95 DM (12.25 EUR) / Interpreten/Komponisten:
+Ezechia, Jephte, 4 Motetten, Missa im 7.Ton / Roat, Silva, Smith, Rossir, Schaer,
Gulbenkian Orchestra & Choir, Corboz).
(Quelle: Internetrecherchen)
Allesandro Scarlatti
(1660-1725) schrieb eine Kantate "Abramo,il tuo sembiante"
(JPC-Angaben: Ops, DDD, 96, CD, 7888674, 37.95 DM / Interpreten/Komponisten:
(Weihnachtskantate) +Corelli:Concerto grosso op.6, 8 Bertini, Fedi, Cavina, Naglia,
Foresti, Concerto Italiano, Alessandrini).
Camilla de Rossi (um 1700) komponierte das
Oratorium "Il Sacrificio di Abramo (1708)"
(JPC-Angaben: CPO, DDD, 95, CD, 7513460 14.95 DM: Inhalt: (Oratorium)
Ryden, Popken, Strömberg, Ensemble Weser-Renaissance, Manfred Cordes - Kritik: FonoForum
9/96: "Das hier beispielhaft eingespielte Oratorium weist de Rossi als eine
erstaunlich differenziert und ausdrucksvoll komponierende Künstlerin aus. Manfred Cordes
gelang eine faszinierende Wiederentdeckung ihrer Musik, die musikalische Klarheit und
barocke Expressivität miteinander verbindet."
Ein Zeitgenosse Mozarts, der Tscheche Josef Myslivecek
(09.03.1737/Horni Sarka - 04.02.1781/Rom), war vor allem in Italien mit seinen fast 30
Opernkompositionen im italienischen Stil bekannt, von "Medea"/1764 bis
"Antigone"/1780. In Italien erhielt er den Beinamen IL DIVINO BOEMO und war
einer der erfolgreichsten Komponisten der OPERA SERIA.
Sozusagen als geistliches Gegenstück zur Oper schrieb er auch Oratorien, darunter
"Abramo ed Isacco" sowie "Adamo ed Eva". Aber auch in anderen
Musikgattungen, so der Instrumental- und Kammermusik, betätigte er sich intensiv und
kreativ.
Seit 1960 erleben Myslivecek's Werke eine kleine Renaissance in Tschechien. ("Abraham und Isaak" wurde u.a. 1991 aufgezeichnet und von
SUPRAPHON am 19.2.1996 veröffentlicht: 2 CD, Interpreten/Komponisten: Dolezal, Korovina,
Kim, Kusnjer, Luchianez, Sinfonietta Prag, Parik , erhältlich u.a. bei JPC unter 7638653
für 69.95 DM).
1979 wurde das Werk bei den Schwetzinger Festspielen aufgeführt (mit Barbara Hendriks,
Ruthild Engert, Yolantha Omilian, Martin Egel, Werner Hollweg, Radio-Sinfonieorchester
Stuttgart, Chor des Süddeutschen Rundfunks, Leitung Peter Maag).
Myslivecek war Sohn eines Prager Mühlenbesitzers, besuchte die Normalschule bei den
Domikanern von St.Igli, später ein Jesuiten-Gymnasium und wurde im Geschäft seines
Vaters ausgebildet, bevor er sich dem Musikstudium bei Fr.Habermann und Josef Seger
zuwandte. Anfangs spielte er als Kirchenmusiker Geige. 1763 verließ er seine Heimat und
ging nach Venedig wo er sein musikalisches Talent bei G.B.Pescetti perfektionierte. Er
hielt den Kontakt zu seiner tschechischen Heimat aufrecht und einige seiner Opern und
Oratorien wurden in Prag aufgeführt. Er verstarb nach langer Krankheit in Rom.
Myslivecek, und sein Kollege Jiri Benda (1715-1795), der nach Deutschland emigrierte,
wurden von Mozart sehr bewundert. Viele tschechische Komponisten flohen im 18.Jahrhundert
vor dem geringen Lebensstandard und religiöser Unterdrückung ins Ausland (Jan Vaclav
Stamitz [1717-1757] arbeitete in Mannheim, die Benda-Familie in Berlin und Gotha, J.
Myslivecek wie erwähnt in Italien, A.Rejcha in Paris).
(Quelle: Internetrecherchen)
Am 7., 8. und 9. April 1802 wurde ein Singspiel in einem Aufzug "Das Opfer Abrahams" unter dem Titel "Unbefleckte
Empfängnis Mariä" von der Kleinern Congregation aufgeführt. "Der Text des
Singspieles ist schon vor 21 Jahren von dem seligen Herrn Michael
Demler, Klaviermeister in Augsburg, in Musik gesetzt worden". - Augsburg :
Gedruckt bey Joseph Anton Hueber, Hochfürstl. Bischöfl. und Stadtbuchdrucker auf unser
lieben Frau Thore.
(Quelle: RISM Online - Internationales Quellenlexikon der
Musik, U.S. RISM Office, Harvard University in cooperation with RISM Zentralredaktion,
Frankfurt/Main)
Franz Schubert (1797-1828) schrieb eine 'Aria di
Abramo' unter dem Titel "Entra l'uomo allor che nasce " (bei JPC
erhältlich auf Sämtliche Lieder Vol.33 / CD 34.95 DM).
Ignaz Ritter von Seyfried (1776-1841), erster Kapellmeister
des k.k.priv.Theaters an der Wien schrieb unter dem Titel "Abraham"
ein "Drama mit Musik in drey Aufzügen" für das k.k.priv.Theaters an der Wien
(Wien : Im Verlag bey Joh. Bapt. Wallishausser, 1818)
(Quelle: RISM Online - Internationales Quellenlexikon der
Musik, U.S. RISM Office, Harvard University in cooperation with RISM Zentralredaktion,
Frankfurt/Main)
Auch Carl Amand Mangold (1813-1899) komponierte
ein "Abraham"-Oratorium. Sein Nachlaß wird von der
Hessischen Landesbibliothek in Darmstadt verwaltet. Vom dortigen Konzertchor wurde es 1986
aufgeführt und am 1.6.1995 auf CD veröffentlicht (2 CD, Interpreten/Komponisten:
Frimmer, Ruhr, Georg, Gärtner, Cachemaille, Darmstadt PO, Seeliger, u.a. bei JPC
erhältlich unter 7275579 für 29.95 DM).
(Quelle: Internetrecherchen)
Erstaunlich sind die Paralleln im Leben und Wirken Mangolds zu Molique. Carl
Amand Mangold, in Darmstadt geboren, ebenso wie Molique Komponist, Lehrer und Dirigent,
erhielt seine musikalische Ausbildung im Elternhaus (Vater: Geiger und Hofkapellmeister in
Darmstadt), und als Geiger in der Großherzoglichen Hofkapelle und am Konservatorium in
Paris, wo er mit hervorragenden Musikern seiner Zeit bekannt wurde, ob mit Molique, der
lt. Schröder am Pariser Konservatorium im April 1836 ein Gastspiel gab, wissen wir nicht.
Danach war er Korrepetitor am Hoftheater sowie Musiklehrer am Polytechnikum und Gymnasium
in Darmstadt.
Der Darmstädter Musikverein bot "ihm die Basis für seine Oratorienkonzerte, in
denen er sowohl fremde als auch eigene Kompositionen aufführen konnte".
Noch erstaunlicher aber ist das Oratorium selbst. Molique schrieb seinen
"Abraham" 1858 in nur drei Monaten. Mangold brauchte ein Jahr später für die
400-seitige Partitur nur 2 Monate länger, eingeschlossen 3 Wochen Urlaub in Oberstdorf,
wobei der erste Entwurf nach einem Monat fertig war. Beide stellten sich den Text selbst
aus der Bibel zusammen, wobei viele Textstellen in beiden Oratorien und in gleicher
Reihenfolge vorkommen (Verheißung einer großen Nachkommenschaft mit Kanaan als Erbteil,
Gefangennahme Lots, Krieg mit den Königen, Klage über kinderloses Dasein, Kind mit der
Magd Hagar, deren Vertreibung in die Wüste, Rettung durch den Engel des Herrn,
Verheißung der Geburt Isaacs, Fürbitte für Sodom und Gomorrah, Vorbereitung des
Brandopfers Isaak, Gott gebietet ihm Einhalt). Wie bei Molique ist die Befreiung Lot's von
einem Instrumentalsatz ("kriegerischer Marsch") begleitet. Beide Oratorien sind
ein Opus 65 und in 2 Teile gegliedert. Jenes, das Mangold schrieb, hat mit 48 Nummern
lediglich 4 mehr als das von Molique - Da staunt der Fachmann und der Laie wundert sich
...
(Angaben zu Mangold aus dem CD Booklet; Wolfgang Jauch, Oswald Bill)
Schließlich kam es zur Vertonung durch Bernhard Molique
(siehe oben). Als Molique 1818/1819 eine Orchesterstelle im Theater an der Wien ausübte
wurde gerade Seyfrieds "Abraham" verlegt, der dort erster Kapellmeister war.
Möglicherweise wurde Molique durch Seyfried zur Wahl Abrahams als Titelheld für sein
eigenes Oratorium inspiriert.
Doch selbst in jüngerer Zeit war "Abraham" noch ein Thema. Elinor Remick Warren (1900-1991) nannte eine Komposition "Abraham in Egypt" (CAMBRIA 1993,
Interpreten/Komponisten: + Singing Earth, The Harp Weaver, The Sleeping: Beauty Hampson,
Venuti, Nienstedt, Lutz, Polnisches RSO, Ferden - u.a. bei JPC erhältlich unter 2341053
für 37.95 DM).
(Quelle: Internetrecherchen)
"Cantate"
- das
2-Monatsmagazin für Freunde der Chormusik - begann mit der Ausgabe Nr.5/2000 eine Reihe
zum Thema Bibelgestalten in der Chormusik. Der Eröffungsbeitrag von Alexander
Reischert unter dem Titel
"Vater der Gläubigen"
Abraham in der Chormusik
enthält u.a. folgende weitere Hinweise auf
Vertonungen des Abraham-Stoffes:
"Der Fokus des künstlerischen
Interesses - man zählt allein rund 60 Oratorienkompositionen zu dieser Thematik - richtet
sich durch die Jahrhunderte schwerpunktmäßig auf die dramatische Opferszene mit Vater
und Sohn. Bereits Marc-Antoine Charpentier machte diese in den 1680er Jahren neben der
wunderbaren Schwangerschaft der 90jährigen sarah zum zentralen Bestandteil seiner
latainischen Historie SACRICUM ABRAHAE. Denselben Titel gab der Opernkomponist Domenico
Cimarosa rund hundert Jahre später seinem Geistlichen Oratorium (1786),...Eine besonders
breite Wirkungsspur hinterließ der Oratoriumstext ISACCO FIGURA DEL REDENTORE des
Librettisten Metastasio, dessen Vorlage weit über zwanzigmal vertont wurde: zuerst von
Luca Antonio Predieri (1740) und in der Folgezeit u.a. auch von Ignaz Jakob Holzbauer
(1756), Karl Ditters von Dittersdorf (1766), Johann Gottlieb Naumann (1772) oder Francesco
Giuseppe Morlacci (1817)..."
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Die Aufführungen
Norwich -
1860
Die Uraufführung leitete der Komponist
selbst: am 27.09.1860 in Norwich/England im Rahmen des gleichnamigen Musikfestivals.
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London -
1861
Auch die Londoner Premiere fand unter Leitung
Moliques statt: am 17.04.1861 in der Exeter Hall.
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Hamburg -
1861
(nicht genau datiert)
In der Schröder'schen Abhandlung findet sich
ein Hinweis wonach "bald darauf" (gemeint ist die Londoner Premiere) eine
Aufführung in Hamburg stattfand.
03.12.00: Das Staatsarchiv Hamburg teilte auf eine entsprechende
Anfrage mit:
Zu Molique konnte hier nur ermittelt werden, daß das
Oratorium "Abraham" von der "Dr. Garvens'schen
Sing-Akademie" aufgeführt wurde.
(Dr.med W.Garvens; Hamburg 1815 - Hamburg 1898; ab 1852
wieder in Hamburg; 731-1 Handschriftensammlung 525, Emil Krause, Hamburg als Musikstadt,
Ms. 20. Jh.)
Gedanken zum Aufführungsort Hamburg: Bedenkt
man, daß nur vier historische Aufführungen des "Abraham" sattfanden und drei
davon direkt mit Molique selbst zu tun haben, liegt der Schluß nahe, daß auch der vierte
mit Molique selbst zu tun hat. Norwich und London sind irgendwie selbverständlich.
Molique war in England sehr geschätzt und das englische Publikum liebte Oratorien.
Außerdem leitete er dort die Aufführungen selbst. Stuttgart war 23 Jahre die
Wirkungsstätte Moliques und die Aufführung erfolgte durch die ehemaligen Kollegen.
Doch was ist mit Hamburg? Vielleicht ist ja der mittlere der zu Ruhm gekommenen 3 großen
Lachner-Brüder das fehlende Bindeglied. Auf der ehemaligen Homepage des
Rodin-Quartetts, dessen Bratschist
direkter Nachfahre von Thekla Lachner ist (Schwester von Ignaz), findet man auch den Text
Ignaz Lachner (1807-1895)
ein ruheloser romantisch - klassizistischer Dirigent und Komponist
(von Harald Johannes Mann, Textbuch Ignaz Lachner Vol. I)
Einige Fakten daraus:
Ignaz übernahm den "den miserabel bezahlten Posten eines Violinspielers im Orchester
des Isartortheaters". Weiter heißt es: "Nebenher nahm
Ignaz Unterricht bei dem Geigenvirtuosen Bernhard Molique. Im Frühsommer 1826
holte ihn Bruder Franz nach Wien, der dort als junger und einflußreicher Kapellmeister
steil nach oben gestiegen war...
In Wien reifte Ignaz zum eigenständigen Künstler, zum angesehenen Dirigenten und
Komponisten. Dirigent war und blieb er in erster Linie. Als Tonschöpfer rangierte er erst
nachgeordnet. Nunmehr im Besitz der höheren musikalischen Weihen, erwachte in Lachner ein
solch gestärktes Selbstbewußtsein, daß er sich 1831 um die Stelle des Hofmusikdirektors am königlich-württembergischen Hoftheater in Stuttgart
bewarb. Er bekam den Posten umgehend...
So wirkte er als Hofmusikdirektor in Stuttgart (1831-1842) und München (1842-1853), hier
jeweils dem 1. Hofkapellmeister untergeordnet, dann als erstmals
selbständig-souveräner Theaterkapellmeister in Hamburg (1853-1858) und als
Hofkapellmeister des schwedischen Königs in Stockholm (1858-1861). Stockholm war der
Gipfel von Ignaz Lachners Karriere, prestigemäßig wie finanziell. Aber nur kurz durfte
sich Ignaz dieses Höhepunktes seiner Künstlerlaufbahn erfreuen: Eine nationalistische
Intrige stürzte 1861 den Bayern Lachner nach kurzem Wirken - nur wegen seiner
fremdländischen Herkunft, nicht wegen seiner Dirigierleistungen, die man in Stockholm
gerechterweise anerkannte. Lachners letzter Posten vor seiner Pensionierung war das Amt
des städtischen Opernkapellmeisters in Frankfurt am Main (1861-1875)...
Der 'mittlere Lachner' entfaltete in seiner langen Musikerlaufbahn eine rege öffentliche
Lehrtätigkeit. Am Münchener Konservatorium war er als Professor des Generalbasses und
der Orgel angestellt. Uneigennützig förderte er junge Talente und führte sie sicher
durch die Wirrsal musikalischen Regelwerks."
Als 18-järiger nahm Lachner in München bei Molique Geigenunterricht. Während der 11
Jahre in Stuttgart arbeitete er als Hofmusikdirektor unter Molique und ging dann als
zweiter Mann nach München, woher Molique in gleicher Funktion gekommen war. War Stuttgart
der Ort wo Molique souveräner Konzertmeister wurde, so wurde es Hamburg für Lachner. Und
irgendeine Verbindung zu Hamburg muß auch Molique gehabt haben, der dort 1842
Ehrenmitglied des Norddeutschen Musikvereins wurde.
Wie beide tatsächlich zueinander standen, entzieht sich meiner Kenntnis. Aber sie haben
viel gemeinsam: Beide waren Geigen- und Klavierspieler, Komponisten, vorwiegend von
Instrumentalmusik, Kapellmeister, Lehrer - und sie einte die Ablehnung des
"Neudeutschen", was sie dann letztlich das gleiche Schicksal ereilen ließ. Dazu
in Bezug auf Lachner noch einmal H.J.Mann:
"Warum ging eigentlich das reiche kompositorische Lebenswerk der Lachnerbrüder so
rasch unter? Nun, in den meisten Fällen war nicht mangelhafte künstlerische Qualität
ihrer Tonschöpfungen daran schuld, sondern das oppositionelle Verhalten der Wagnerianer.
Als letztere schließlich die Klassizisten beiseite gedrängt hatten und die begehrtesten
deutschen Kapellmeisterposten besetzt hielten, ignorierten sie einfach die Kompositionen
der konservativen Musikerkollegen und führten sie nicht mehr auf. So fielen auch die
Werke der Lachners in einen tiefen Dornröschenschlaf von rund hundert Jahren. Erst in
unserer Zeit hat man begonnen, die Lachnerbrüder als Komponisten wiederzuerwecken. Wir
können nur staunen, wenn wir bedenken, daß ein überwiegend kostbares musikalisches Erbe
so lange zu Unrecht vergessen blieb. Wie überall, so gilt es allerdings auch bei den
Lachners die Spreu vom Weizen zu trennen. Wir dürfen überzeugt sein: Was
wiedererweckens- und lebenswert ist von den Tonschöpfungen der Lachnerbrüder, das wird
in der Zukunft bestehen."
Doch zurück zum "Abraham" in Hamburg. Obwohl Lachner damals schon 3 Jahre von
Hamburg weg war, kann nicht ausgeschlossen werden, daß er die Hamburger Aufführung dem
Musikerkollegen (Freund?) zu Liebe mit auf den Weg brachte.
Oder war es irgendeine Verbindung zum Nordeutscher Musikverein Hamburg, dessen
Mitglied Molique 1842 wurde, die zur dortigen Aufführung beitrug? ...
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Stuttgart
- 1862
Nach einem Konzertzettel (Bild rechts) fand diese Aufführung am "Sonntag,
den 13. April 1862 im Königsbau (Bild
unten) zum Besten des Witwen- und Waisenfonds der Mitglieder der Königlichen Hofkapelle
und der Königlichen Hofbühne" als "Abonnement-Concert Nro. 9" statt.
Eine
Kritik des
Konzertes erschien am darauffolgenden Mittwoch in der "Schwäbischen Kronik"
(16.04.1862).
* S t u t t g a r t den 14. April. Das Oratorium Abraham von B.
Molique, das gestern im Abonnementskonzert aufgeführt wurde, machte einen ernsten
feierlichen Eindruck auf das zahlreich versammelte gespannte Auditorium. Es wurde auch von
unserer Hofkapelle in einer Weise zur Darstellung gebracht, zu der sich der Komponist in
der That gratulieren darf, und welcher man die Pietät für den ehemaligen Kollegen wohl
anfühlte: Orchester und Singchor vortrefflich, die Solopartien sehr gut vertreten,
namentlich die sehr dankbare Titelrolle durch Hen. Schülky; Frl. Schröder hatte sogar
neben ihrer eigenen eine zweite Partie übernommen und mit schönem Erfolge durchgeführt.
Die Glanzpunkte des Werkes sind die durchweg ausgezeichnete Instrumentirung, die trefflich
gearbeiteten Chöre, worunter wir den majestätischen Schlußchor des ersten
Theils,"Lobet den Herrn", den prachtvollen Vernichtungschor "Und der Herr streckte
aus im Zorn", den großartigen Nr. 35 "Groß ist der Herr" und den
Schlußchor Nr. 44 hervorheben; auch der Frauenchor "Hör unser Flehen" ist edel
empfunden, und wäre noch schöner, wenn der zweite Theil weniger künstlich wäre. Ferner
ist meisterhaft zu nennen die ganze zweite Hälfte des ersten Theils von dem äußerst
charakteristischen Recitativ des Botschafters bis zum Schluß. Diese ganze Partie, das
Recitativ des Abraham, seine Zwiesprache mit dem Volk, der Auszug, Frauenchor, der Marsch
und die Heimkehr sind ungemein dramatisch und von prächtigem Schwung, nur das Trio des
Marsches zu modern gehalten. Unter den Solopartien hat uns am meisten angesprochen die
erste in edler Einfachheit vorgehende Aria Abrahams "Leit' mich, o Herr", sein
Wechselgesang mit dem Chor Nr. 7, das rührende Recitativ "Vorbei ist die
Freude" mit seiner wunderbaren Instrumentirung, dann die Allarte Nr. 26 "Sie
hielten nicht den Bund", welche übrigens namentlich im Rythmus klagender gehalten
seyn dürfte. Von den Ensemblenumern machte das zarte Terzett "Freuet alle euch"
den besten Effekt. Was der Wirkung des Werkes im Ganzen einigen Eintrag thut, das ist ein
gewisser Mangel an Wärme, der sich gerade aus manchen der Solopartien herausfühlt; so
hatten wir das Zankduett mit Sarah und die ganze Szene der Hagar viel wirkungsvoller
erwartet, ferner eine Monotonie im Rythmus, der mit Ausnahme einer einzigen 6/8 Numer fast
durchaus den 2/4 und 4/4 Takt festhält. Wir glauben kaum zu irren, wenn wir behaupten,
daß seit dem Elias kein Oratorienwerk geschrieben wurde, das den Stempel der
Trefflichkeit so ausgesprochen an der Stirne trüge. Bei einer Wiederholung möchten wir
anrathen, den sehr langen zweiten Theil nach dem Chor 27 durch eine Pause zu trennen, da
die Handlung an sich hier einen Abschnitt bedingt.
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Hinweise auf die Erstaufführung 1862 in Stuttgart stellte uns
freundlicherweise die Württembergische
Landesbibliothek zur Verfügung.
Bei den Recherchen zu Molique stießen
wir auf eine weitere "private" Konzertkritik zu dieser Aufführung, wobei die
Persönlichkeit Moliques und deren Wirkung auf den Kritiker eine besondere Beachtung
finden muß:
Molique war vor allem Musiker, nicht Dichter. Er war als Komponist von
Instrumentalmusik und Geigenvirtuose bekannt und geschätzt. Er war ein Mann, der es nicht
vermochte, seinen Gefühlen öffentlich Ausdruck zu verleihen.
Als er sein großes Oratorium schrieb, war das eine Ausnahme in seinem Schaffen und muß
auf jene, die diese neue Seite an ihm nicht kannten und sie in Beziehung zu
seiner Instrumentalmusik setzten, befremdend gewirkt haben. Molique's ehemaliger Schüler,
der damalige Tübinger Universitäts-Musikdirektor Otto Scherzer, schrieb bspw. nach der
Stuttgarter Aufführung des "Abraham" an den befreundeten Josef Julius Maier in
München (Lehrer am Konservatorium; Scherzer war dort ebenfalls Professor bevor er nach
Tübingen ging):
"Offen gestanden hätte ich mehr erwartet von M., diesem feinsten und listigsten
aller Musiker unserer Zeit, aber schließlich habe ich eingesehen, daß es nicht anders
sein kann. Man braucht nicht fromm zu sein, wenn man ein Oratorium schreibt, aber man muß
die Eigenschaft haben, daß man das, was man dichtet, wenigstens so lange glaubt und davon
innerlich voll ist, so lange man daran arbeitet. Mit einem Wort, man muß ein Poet sein,
wenn man es mit der Sprache in der Musik zu tun hat. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie
verflucht großartig die Lüge dieses Werkes ist. Diese höchste Vollendung der Form, dann
eine Instrumentierung, daß einem vor Schönheit wahrhaft die Haut schaudert.
Mendelssohn's Orchester klingt jüdisch dagegen - die lockendsten, reizendsten Vor- und
Nachspiele an den Stücken, die geistreichsten, wenn auch einander in der Hauptsache
erschröcklich ähnlichen zweiten Theile. Und doch macht das Ganze nicht die geringste
Wirkung, sondern man hat eben ein Oratorium gehört und ist wie zerprügelt von schönen
Phrasen, man ist auch nicht einmal angeregt worden den ganzen Abend. Während man in
seinen Instrumentalwerken, in seinen Violinkonzerten und Quartetten, auf jede Note
lauscht, und wahrhafte stete Schönheit genießt, und das Ohr in wirklichem,
immerwährenden Freuen ist, spürt man trotz der ganz gleichen Vollendung des rein
Musikalischen im Abraham bloß das Fehlende. Den Mangel an kühnen und herzhaftigen
Gedanken vermag er hier, so sehr er die gesamte Gewalt seiner bezaubernden Gaben in
Bewegung setzt, vor einem gesunden Auge nicht zu verdecken. Dies ist aber immer noch nicht
der Grund, warum einem nicht wenigstens einzelne Nummern dieses mit so fabelhafter
Musikmeisterschaft geschriebenen Werkes gefallen können. Sondern der Grund liegt darin,
daß man in jeder Note die Unfähigkeit, ja Totgeborenheit des Herzens spürt - es ist
alles erlogen. Unter diesen Umständen können Sie sich wohl vorstellen, ist es M., wenn
er sich auch in den Chören, Arien und Ensembles noch durchhilft, rein unmöglich, im
Rezitativ sich zu halten. Man spürt in jeder Note derselben die angstschweißige Strin
des Dichters, der nun auch immer mit fast komischer Eile, dieselbe zu Ende zu bringen
sucht.... Noch fällt mir ein, daß die Jubel- und Halleluja-Motive, obschon nicht
musikalisch gemein - denn das könnte ihm nie passieren - doch dem Text gegenüber höchst
gemein sind, alle. Ein Mann wie er kann ein Hallelujah nur für ein Alarmgeschrei oder
eine Ansammlung ungeheurer Heiterkeit halten, er käme in Verlegenheit, wenn man ihm
zumuthete, das Wort Hallelujah nur auszusprechen.. So habe ich nun genug geschimpft über
einen Mann, den ich als Musiker so ungeheuer verehre, aber es ist eben der Umstand zu
bedenken, daß sich ein vernünftiger Mann gleichsam beschimpft fühlt, wenn ihn jemand
angelogen hat, und das geschieht in diesem Werk." - Schröder nahm das Zitat in
seiner Arbeit über Molique's Instrumentalkompositionen auf, um zu untermauern, daß man
"Molique's musikalische Veranlagung", "seine künstlerische
Individualität" ausschließlich dort zu suchen habe.
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Nürnberg
-1997
(Teilaufführung)
Bis 1997 war das Werk vergessen. Dann kam es
am am 23.11.1997 in der Meistersingerhalle mit dem Nürnberger Hans-Sachs-Chor unter Wolfgang Riedelbauch zur ersten
(Teil)aufführung der Neuzeit.
"Auf unserer Suche nach Werken Nürnberger Komponisten stießen wird in der British
Library London auf Moliques Abraham, op.65. Das Werk wurde gleichzeitig mit englischem und
deutschem Text gedruckt.
Erfreulicherweise hat man im Archiv von Breitkopf & Härtel das Orchestermaterial
gefunden, das wir für unsere Auführung verwenden." (W.Riedelbauch im Programmheft)
Das Risiko der Aufführung eines unbekannten Werkes wollten der Chor und W.Riedelbauch
nicht eingehen. Als "Zugpferd" wurde das Brahms-Requiem mit ins Programm
genommen. Deswegen war man zu Kürzungen beim "Abraham" gezwungen - andernfalls
wäre der zeitliche Rahmen gesprengt worden und ein solcher Kraftakt für alle Beteiligten
wohl kaum zu bewältigen gewesen.
Zur Konzerteinführung schrieb W.Riedelbauch im Programmheft:
"Abraham und Deutsches Requiem
Der Alttestamentarische Abraham bietet in kontrastierenden Lebenssituationen dem
Komponisten treffliche Gelegenheiten zu farbenreicher musikalischer Umsetzung.
Nachdem Abraham mit seiner Familie den Auftrag Gottes, nach Kanaan zu ziehen, erfüllt
hatte, gebar ihm Sarah seinen erstgeborenen Sohn Isaak als Erben.
In den folgenden großangelegten Jubel bricht die Nachricht vom Krieg und der
Gefangennahme seines Bruders Lot. Abraham stellt sich mit seinen Mannen zum Kampf und die
Frauen flehen um den Beistand des Herrn.
Abraham siegt und befreit seinen Bruder.
Doch das Volk wird hochmütig und verfällt in Bosheit und Sünde. Abraham bittet Gott,
nicht alle zu strafen, sondem die Gerechten zu verschonen - doch "da war
keiner". Und der Herr ließ Feuer und Schwefel regnen.
Zu ergreifender Innerlichkeit findet Molique, als Abraham seinen Sohn Isaak als Brandopfer
darbringen soll und der Engel im letzten Augenblick Einhalt gebietet, weil Abraham Gottes
Wort gehorcht hat. Einem erlösten Duett von Vater und Sohn folgt Abrahams Rezitativ, in
dem er sein Vertrauen in Gottes Güte bestärkt. Glanzvoll, im wieder erreichten C-Dur des
Beginns, hebt der Chor zu einem mächtigen Glaubensbekenntnis an, das nach bewegt
fugierten Abschnitten zum Schluß-Amen stürmt.
Etwa zur selben Zeit, als Moliques Abraham erschienen ist, hat Brahms mit der Komposition
seines Deutschen Requiems begonnen, an dessen Schluß er dann notierte: Baden-Baden im
Sommer 1866. Trotz dieser Zeimähe ist der Generationenunterschied deutlich spürbar.
Brahms wurde 31 Jahre nach Molique geboren. Während Molique beim formalen Aufbau des
Werkes streng in Rezitative, Arien und Chorsätze gliedert, stehen bei Brahms
kontinuierliches, liedhaftes Gestalten und subjektiv empfindsame Textausdeutung im
Vordergrund. Molique stützt sich auf eine wohldisponierte Tonartencharakteristik und
strebt in den einzelnen Musiknummern nach affektiver Einheitlichkeit, wie sie in barocken
Oratorien begegnet. Seine Harmonik erinnert an Mendelsohn und Spohr. Brahms gewinnt in
seinem Chorsatz an polyphoner Tiefe und wendet sich harmonisch bisweilen zu kirchentonaler
Herbheit.
Während Molique sein Oratorium in 44 Nummem einteilt, schreibt Brahms nur sieben in sich
geschlossene Sätze, die man, nach seiner eigenen Aussage, jeden für sich alleine
aufführen könnte..."
Seitenanfang
Doch die Kritik ging nicht gerade Sanft mit
diesem Wiederbelebungsversuch in Nürnberg um:
Nürnberger
Nachrichten, 25. November 1997:
Der Erzvater als lüsterner Kriegstreiber
Der Hans Sachs-Chor Nürnberg kombinierte Bernhard Moliques "Abraham"-Oratorium
mit dem "Deutschen Requiem" von Johannes Brahms
Beim Hans Sachs-Chor lohnt es sich immer, einmal mehr hinzuhären. Unter
Nürnbergs Konzertchören sorgt er regelmäßig für die auffälligsten Farbtupfer -
selbst in novembertrister Düsterstimmung. Neben seinem unermüdlichen Einsatz für nie
oder selten Gehörtes sind es gerade sie sattsam bekannten Repertoirehits, die von
Chorleiter Wolfgang Riedelbauch in neues Licht getaucht werden. Ein Konzert ohne
nachhaltigen Diskussionsstoff käme da fast einer Blamage gleich.
So auch dieses Mal. Aus über hundertjähriger Versenkung holte der eifrige Musikologe ein
abendfüllendes Oratorium hervor: "Abraham" aus der Feder des gebürtigen
Nürnbergers Molique (1802-1869). Molique überzeugte schon früh durch sein virtuoses
Violinspiel, erhielt sogar Unterricht bei Louis Spohr und wurde schon mit 18 Jahren
Hofkonzertmeister in München. Und so nimmt es nicht wunder, daß mit seinem Namen in der
Musikwelt eher einschlägige Geigenliteratur verbunden wird.
Das 44 Nummern umfassende, etwa aus der Zeit um 1860 stammende "Abraham"-Werk,
das die Lebensstationen des alttestamentlichen Patriarchen ziemlich pathetisch
nachvollzieht, ist ganz dem Typus des Haydn-Mendelssohnschen Chororatoriums verpflichtet.
Mächtige, in ihrer Vehemenz der Operndramatik jener Tage verpflichtete Chorblöcke.
Dazwischen illustrierend begleitete Rezitative und affektiv aufgeladene Arien und Ariosi.
Aus Zeitgründen konnte Riedelbauch nur ein unbefriedigendes Destillat aus 28 Stücken
vorführen, das keine einheitliche dramaturgische Linie sichtbar machte. Erzvater Abraham
erscheint in ungelenk aus dem Englischen zurückübersetzten Bibelzitaten weniger als das
unbestechliche Glaubensvorbild, denn als lüsterner Kriegstreiber, der mit Vorliebe
Pflugscharen in Schwerter verwandelt.
Das alles zu einer gefälligen, aber doch sehr uniformen Musik, deren Spurenelemente von
Händel über Mozart bis Lortzing, Weber und Marschner reichen. Moliques Stärke lag in
der virtuosen Behandlung des Chores und hier konnte der HSC seine exzellenten, aber - wie
sich am Ende des "Brahms"-Requiems auch zeigte - begrenzten Kapazitäten
vorführen.
Die inhaltliche Klammer, die beide Abend-Kompositionen verband, war mehr als dürr.
Brahms' wenig später entstandenes "Requiem" atmet gerade im Orchestersatz einen
ganz anderen, selbstbewußteren Geist. Und gerade hier machten sich große
lnterpretationsschwächen bemerkbar. Wie üblich vertraute Riedelbauch seinem Fränkischen
Kammerorchester historische, will meinen zeitadäquate Instrumente an. Jedoch taten sich
vor allem die Bläser in ihrer intonatorischen Trefferquote sehr schwer, gelang es
Riedelbauch, der sich sehr auf den Chor konzentrierte, nur selten, korrigierend
einzugreifen. Hier zeitigte das gute Wollen nicht den guten Erfolg.
Achtbar blieb Riedelbauchs metrisches Konzept mit erstaunlich flüssigen, aber nie
getriebenen Tempi, die emotionale Tiefe und die hohe Wortverständlichkeit. Von den
Solisten überzeugte der geschmeidige Tenor Udo Scheuerpflugs am meisten. Zuverlässig
sekundierte Sopranistin Monika Frimmer, während Waldemar Wild mit markigem, wenig
flexiblen Baß agierte. - V.S.
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Abendzeitung, 25.
November 1997
Vor dem Wiederkäuen in ein "schreckliches Gewitter"
Meistersingerhalle: Der Hans Sachs-Chor nahm mit dem Doppelpack Brahms und
"Abraham"-Oratorium den Spannungsabfall in Kauf
Schon recht verdrießlich: Um eine total unbekannte Rarität wie das Oratoium
"Abraham" des Frühromantikers Bernhard Molique durchzusetzen, muß der Hans
Sachs-Chor "Ein Deutsches Requiem" von Brahms dazugeben, wiewohl das Konzert
dadurch spannungsmäßig eine Stunde zu lang wird - auch Wolfgang Riedelbauch hat offenbar
nicht die Hörer-Klientel, per Vertrauensvorschuß die Meistersingerhalle zu füllen.
Dieser Molique aus Nürnberg ist hörbar ein Mendelssohn-Zeitgenosse. Sein
alttestamentarisch strenges Abraham-Oratorium ("Macht aus euren Pflugscharen
Schwerter!") klingt stellenweise formal etwas schematisch (wenn etwa der Chor die
Solisten-Motive wiederkäut); aber etliche Höhepunkte lassen aufhorchen: die mächtig
aufgeladene Chor-Dramatik "und ein schrecklich Gewitter"; die fast schwermütige
Klage "Vorbei ist die Freude des Herzens"; da gehen Töne schon gehörig unter
die Haut.
Nach der Pause dann also das Brahms-Requiem, dem Chor natürlich wohlvertraut, dennoch
nicht ganz schattenfrei: der Chorsopran bietet Spitzentöne mit Anlauf, was sentimental
klingt: in der gewaltigen Fuge "Herr, du bist würdig" ist das Pulver
verschossen; im Finale fallen die wunderschönen Triolen eiligem Tempo zum Opfer.
Das Fränkische Kammerorchester musiziert zwar zunehmend flexibel, aber nicht ganz frei
von gelegentlichen Vorlautheiten. Starke Aktivposten die drei Solisten: der
sprachintensive Erzähler-Tenor Udo Scheuerpflug (bei Molique); im Requiem die
hervorragende Sopranistin Monika Frimmer, schnörkellose Klarheit, doch nicht ohne Wärme;
und der Bariton Waldemar Wild mit Kraft für die Posaune des Jüngsten Gerichts.
- Klaus Martin Wiese -
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Der neue Tag, 28.
November 1997
Aus Dornröschenschlaf erweckt
Moliques Oratorium "Abraham" und Brahms-Requiem in Nürnberg
Nürnberg. Manche Werke, die der Vergessenheit anheimfielen, sind
eben nicht ohne Grund in den Dornröschenschlaf gefallen: Bernhard Moliques Oratorium
"Abraham" ist ein Beispiel dafür. Wolfgang Riedelbauch, der musikalische
Archäologe unter Nürnbergs Dirigenten, brachte das Chorwerk mit dem Hans Sachs-Chor und
dem Fränkischen Kammerorchester in der Meistersingerhalle zur Aufführung. Daß es eine
Nürnberger Erstaufführung war, machte das Unternehmen interessant. Molique wurde am 7.
Oktober 1802 in Nürnberg geboren und starb 1889 in Cannstadt. Als begabter Geiger hatte
Molique eine steile Karriere und seine Konzertreisen führten ihn quer durch Europa.
Hector Berlioz zählte zu seinen Bewunderern.
Von Moliques reichem Schaffen blieb wenig übrig, und selbst das einst so geschätzte
Violinkonzert erklingt nicht mehr. So war die Begegnung mit dem Oratorium
"Abraham" eher ein musikhistorisches Ereignis, denn die Annäherung an
Mendelssohns "Elias", der etwa 20 Jahre früher entstand, ist unüberhörbar, ja
streckenweise fast noten-gleich. Die biblische Abraham-Geschichte hüllte der Komponist in
ein wohltönendes, romantisches Gewand, das ganz dem Zeitgeist entsprach. Der Hans
Sachs-Chor widmete sich mit Feuereifer der Erstaufführung.
In der dargebotenen Kurzversion (es wurden etwa 30 von 44 Nummern gesungen) konnte sich
aber die Dramatik nur verhohlen entfalten. Nun kann man Riedelbauch nicht gerade den
Vorwurf machen, er verstünde die Dramaturgie der Musik nicht. Und trotz aller Hinwendung
zu den melodischen Details und der Entfachung des Chorfeuers blieb es edel, aber
langatmig. Hinzu kam, daß der Interpret der Titelpartie Waldemar Wild, mit seinem
buffonesken Baßbariton nicht über profunde Reserven verfügte. Seine Version des
Glaubensvaters blieb unterbelichtet, obwohl der Sänger für textliche Transparenz gesorgt
hatte. Monika Frimmer (Sopran) brachte stimmliche Helligkeit in das Werk und mit
gepflegter Diktion gestaltete Udo Scheuerpflug seine Tenorpartie. Die Kultiviertheit
seiner Chronistenaufgabe sowie die Klarheit der ariosen Nummern erlangte beachtliches
Format. Wolfgang Riedelbauch dirigierte nach dem Molique-Werk "Ein deutsches
Requiem" von Johannes Brahms. Hier setzte der Dirigent auf kraftvolle, dramatische
Akzente und berückende, sphärenhafte Töne mit dem Hans Sachs-Chor, die das Gewicht des
Konzertabends ausmachten. Was die beiden Werke verbindet ist lediglich die Zeit ihrer
Entstehung.
Waldemar Wild wirkte auch im Brahms-Requiem adäquat, und Monika Frimmers Sopran mühte
sich um die Entrücktheit des "Ihr habt nun Traurigkeit". Das Fränkische
Kammerorchester spielte auf Originalinstrumenten, die zwar die Klangfarben vermittelten,
aber auch die Schwierigkeiten der Bläser offenkundig werden ließen. Langer herzlicher
Beifall!
- Bruno Neumann -
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Nürnberger
Zeitung, 25. November 1997
Grelle Gewitterszene
Riedelbauch und der Hans Sachs-Chor am Totensonntag
Gemeinsamkeiten weisen die beiden Werke, die Wolfgang Riedelbauch
am Totensonntag in der gut besuchten Meistersingerhalle aufführte, kaum auf.
Zwar sind sowohl Bernhard Moliques "Abraham" (1861) als auch Johannes Brahms
"Requiem" (1888 komplett uraufgeführt) in deutscher Sprache verfaßt, aber
musikalisch und formal liegen die beiden Komponisten mindestens ein halbes Jahrhundert
auseinander. Hochinteressant und kurzweilig war Wolfgang Riedelbauchs aufwendiges Vorhaben
- trotz der dreistündigen Aufführungsdauer - allemal.
Das Oratorium des Nürnberger Komponisten Molique (1802 - 1869) steht noch deutlich in der
Haydnschen Tradition: In 44 Nummern werden - wechselnd in Rezitativen, Arien und
Chorsätzen Episoden des alttestamentanschen Abraham erzählt. Dabei leuchtet Wolfgang
Riedelbauch mit dem Hans Sachs-Chor und dem Fränkischen Kammerorchester alle Stimmungen
und dramatischen Momente des Oratoriums aus. Das "Preiset den Herrn" erinnert an
Mendelssohnsche Psalmvertonungen, die "Güte des Herrn" zeichnet sich durch
warme Klangfülle aus; spannungsvoll akzentuiert Riedelbauch die Pauken und Trompeten in
der kriegerisch-dramatischen Szene zwischen Abraham und Männerchor "Steht auf, und
laßt uns ziehn". Überaus präzise stimmt der Chor selbst die knifflige
Schlußdoppelfuge an. Die Im Fränkischen Kammerorchester verwendeten Blasinstrumente aus
dem 19. Jahrhundert illustrieren eindrucksvoll eine grelle Gewitterszene.
Doch trotz der hervorragenden Disposition aller Ausführenden trifft Mendelssohns
Bemerkung über Moliques "rasante, kalte Fertigkeit" doch den Kern des
"Abraham": Einfache Harmonik, Sexten- und Terzenfreudigkeit ("Die Gnade des
Herrn"), kurz, das Fehlen ausgreifender musikalischer Tiefe läßt das Werk bisweilen
glatt und belanglos erscheinen. Dieser Eindruck verstärkt sich angesichts der zutiefst
ergreifenden Komposition und bahnbrechenden Interpretation des Brahms-Requiems nach der
Pause.
"In Brahms' Persönlichkeit und Kunst wirkt eine starke Kraft ins Objektive,
Allgemeine. Wohl wächst seine Kunst aus einem heftigen einzelmenschlichen Erleben heraus,
aber sie bleibt nicht darin haften, und noch weniger zerfließt sie in dem wogenden Meer
menschlicher Gefühle."
Äußerst beeindruckend
Diese Worte Rudolf Gerbers über die Allgemeingültigkeit und
Objektivität der brahmsschen Musiksprache finden in Wolfgang Riedelbauchs Interpretation
des "Requiems" ihre musikpraktische Auslegung: Äußerst konzentriert und
stringent geht er die Tempi der einzelnen Sätze an, konzentriert, reduziert jeden Satz
auf den Kernpunkt seiner Aussage! So wird dieVergänglichkeit des Fleisches im
paukenbetonten Freudentaumel des II. Satzes aufgehoben, der dramatisch aufwühlende
"Dies lrae"-Satz (VI) in der über den Tod triumphierenden Fuge "Herr, Du
bist würdig" relativiert.
Die harmonischen Wendepunkte werden vom hervorragend disponierten Chor sensibel markiert,
die Herausstellung der Bläser läßt werk- und wortimmanente Bezüge elementar aufleben.
Auch die beiden Solisten Monika Frimmer und Waldemar Wild stellten ihren Part so zwingend
in das Gesamtkonzept, daß sich Brahms' Billigung zur Aufführung einzelner
Requiems-Sätze nicht mehr nachvollziehen laßt.
Riedelbauch schafft den Balanceakt zwischen affektgeladener Betonung, ohne sich im
"wogenden Meer menschlicher Gefühle" zu verlieren und erreicht dennoch
satzübergreifende Zusammenhänge, die letztlich die Allgemeingültigkeit dieses genialen
Werkes bewirken und einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Dank und Applaus für diesen
Abend.
- Sabine Kreimendahl -
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Um so bitterer, angesichts der Vergessenheit in die
der Komponist und sein "Abraham" gerieten, ist es zu lesen, wie die Nürnberger
Kritik 1997 mit dem verdienstvollen Leiter des Nürnberger Hans-Sachs-Chores, Wolfgang
Riedelbauch, und dessen Wiederbelebungsversuch des "Abraham"-Oratoriums umging.
Allein die Wortwahl ("wenn etwa der Chor die Solisten-Motive wiederkäut") macht
zornig. In keiner der 4 Kritiken ist erkennbar, daß sich die Kritiker ernsthaft mit
Molique und seinem Schaffen auseinandergesetzt haben. Da wird auch nur das MGG bzw. das
Programmheft "wiedergekäut" - um in der gleichen Sprache zu sprechen - und die
Teilaufführung des Oratoriums geradezu verrissen. Welcher Nürnberger wird sich wohl nach
dem Lesen dieser Nürnberger Kritiken noch für den Nürnberger Bernhard Molique und seine
Werke interessieren ??
Wohlgemerkt, ich habe die Nürnberger Aufführung selbst nicht erlebt und mir geht es auch
nicht darum, daß die Kritiker "Schönreden" sollen, was zu bemängeln ist. Aber
als Musikkritiker sollten sie wissen, daß der Ton die Musik macht. Diese Kritiken sind
keinesfalls geeignet, Chöre und Chorleiter zu ermutigen, sich vergessenen oratorischen
Werken zu widmen. Sie inspirieren gerade dazu, das Fahrwasser der oratorischen
"Hitparade" nicht zu verlassen. Die h-Moll-Messe kann man heute landauf, landab
fast zu jeder beliebigen Zeit hören, aber wo den "Abraham" oder andere
Oratorien (Bruch "Moses" / Gounod "Mors et vita" / Reinthaler
"Jephta" / Dvorak "Die heilige Ludmila" / ...)? Sicher ist es
einfacher in steter Regelmäßigkeit die Standardwerke "wiederzukäuen" - für
Chor und Kritiker -, als musikalisches Neuland zu betreten. Im Falle des Nürnberger
"Abraham" hätte ich mehr Verantwortungsbewußtsein seitens der Kritik für die
Bemühungen des Chores und seines Leiters erwartet. Als wüßten sie nicht selbst, daß
Teilaufführungen immer ihre Schwächen haben, oft der Gesamtzusammenhang verloren geht.
Hat einer von ihnen den Klavierauszug bemüht, um sich das gesamte Werk zu erschließen?
Hat sich keiner die Frage gestellt, warum Wolfgang Riedelbauch dieses Werk überhaupt ins
Programm nahm? Doch wohl nicht allein um einen Nürnberger Komponisten zu präsentieren.
Wenn das Werk "musikalischer Schrott" wäre, hätte er kaum die Arbeit der
Einstudierung auf sich genommen. Bei dieser Art von Kritik wäre eine alleinige
Gesamtaufführung des "Abraham" - ohne Brahms-Requiem - eine Katastrophe
geworden und ich kann ihm nachfühlen, warum er dieses Risiko scheute....
(Anmerkungen des Webmasters - 16.09.2000)
Wolfgang Riedelbauch verband seine Teilaufführung des "Abraham" mit
dem Brahms-Requiem - vermutliche ohne zu wissen, welche Verbindung Schröder zwischen
Molique und Brahms sah -, was bei der Kritik auch nicht gerade auf großes Verständnis
stieß. Deshalb sei nochmal Schröder zitiert:
"Von der großen Bewegung, die mit Berlioz, Liszt, Wagner und den Neudeutschen
einsetzte und die die Musik in den Dienst der Poesie stellte, ist Molique gänzlich
unberührt geblieben. Der Grund hierfür ist nicht etwa der, daß sich Molique gegen jeden
Fortschritt seiner Kunst verschließen wollte, sondern er liegt in seinem absoluten
Musikertum, daß ihm von vorneherein die von diesen beschrittenen Bahnen versperrte und
ein Verstehen ihrer Kunstideale verwehrte. Nicht allein ist Molique abseits stehen
geblieben, noch eine ganze Reihe anderer Meister, die die Eigenart der musikalischen
Veranlagung mit ihm teilten, hielt sich fern; so z.B. Joseph Rheinberger, den ich deshalb
besonders erwähnen möchte, weil er sich in seiner Wesensart auch sonst noch in vielen
Zügen mit Molique deckt. Auch bei Brahms war es wohl auch sein absolutes Musikertum, das
schließlich zu einem vollständigen Bruch mit den Neudeutschen führte. Daß die
neue 'Zukunftsmusik', deren extreme Anhänger unduldsam jede anders geartete und besonders
die am Alten hängende Kunst verwarfen, eine Zeit lang fast alles in den Schatten stellte,
ist mit der Hauptgrund, weshalb Molique's Werke in so unverdiente Vergessenheit geraten
sind. Heute, nachdem wir zu jener Zeit einen Abstand gewonnen haben, und nachdem uns
Brahms gezeigt hat, daß man damals mit dem gleichen Recht auch eine andere Musik
schreiben konnte als Liszt und Wagner, können und müssen wir mit einem objektiveren
Maßstabe an Molique's Schaffen herangehen. Gerade Brahms ist es, der uns zu Molique's
Ehrenrettung verhelfen kann. Ist Molique doch, ohne daß er etwa Anspruch auf eine
entwicklungsgeschichtliche Bedeutung machen könnte, die auch für ihn als Klassizisten
beinahe paradox wäre, ein wertvolles Glied in der Kette, die von den Klassikern zu Brahms
reicht."
(Bild: Molique mit Tochter Anna)
(a propos Rheinberger: Nicht auszudenken, was aus Nürnberg zur gegenwärtigen
Rheinberger-Renaissance zu lesen wäre, die bei vielen Profi- und Laienchören zu
beobachten ist und auch Musikproduzenten zu immer neuen CD Produktionen animiert ...)
Aber neben Rheinberger gab es ja noch andere, die nicht mit den "Neudeutschen"
konnten. Erwähnt sei hier beispielsweise Carl Martin Reinthaler
("Jephta und seine Tochter"), der sich vehement gegen die Aufführung der
Werke Richard Wagners in Bremen wandte, oder Max Bruch
("Moses", op.67), der alles, was seinen Idealen widersprach, mit bissiger
Kritik heimsuchte und beispielsweise den "Neutöner" Max Reger als den
"ärgsten Kunstverderber" titulierte. Umgekehrt äußerte sich Brahms sehr
abfällig über Bruch's "Moses" (Gott sei Dank sei er [Brahms] "von der
schlechten Angewohnheit des bloßen Notenschreibens bewahrt" worden), während Arnold
Schering in seiner Geschichte des Oratorium davon spricht, daß ein "Stück alter,
echter Oratorienkunst ... hier noch einmal lebendig" wurde.
(Angaben zu Bruch nach Christoph Beyer's Arbeit über
"Moses").
Auch Reinthaler und Bruch sahen sich mit den genannten Oratorien ganz der Mendelssohnschen
Tradition verpflichtet und gerieten wie der "Abraham" mit ihren Werken in
Vergessenheit. Zu Recht oder Unrecht, darüber mag die Kritik streiten, aber nicht ein
keimendes Pflänzchen rücksichtslos zertreten und "das Kind mit dem Bade
ausschütten" .
Liest man manche der Kritiker genauer, meint man das Unbehagen zu verspüren,
welches diese befällt, wenn sie mit für sie neuen Werken konfrontiert werden. Und allein
die Tatsache, daß die Werke vergessen wurden, (vielleicht noch in Verbindung mit einer
anderen Werksauffassung und Mängeln in der Aufführung) führt dann schnell zu dem
Trugschluß "zu Recht vergessen". So geschah es auch Claus-Peter
Flor 1999 in Berlin mit dem "Moses" . Daß Wolfgang Riedelbauch einen
prominenten "Leidensgenossen" fand, wird ihm allerdings nur ein schwacher Trost
sein.
Bei all dem wird nämlich auch eines vergessen: die vielen Laien-Chorsänger(innen), die
in ihrer Freizeit ernsthafte Arbeit leisten, um sich und andere zu erfreuen, das
Musikleben in der jeweiligen Region zu bereichern. Die dafür oftmals Orchester und
Solisten "ankaufen" müssen und keine prallen Vereinskassen haben. Ich als
Sponsor würde mich auch zurückziehen, wenn ich in der Zeitung lesen würde,
musikalischen Schrott und dilletantische Ausführung unterstützt zu haben. Ein
Chor, der sich mit hohem persönlichen und finanziellen Aufwand die Aufgabe stellt, ein
vergessenes Werk wiederzubeleben und der Öffentlichkeit vorzustellen, weil er meint, daß
es auch in der heutigen Zeit eine Berechtigung hat, leistet "Pionierarbeit" und
in die Beurteilung dieser Arbeit sollten auch die Ausführenden und die Zuhörer
einbezogen werden, mit deren spontaner Reaktion die Kritik ja schon bei der Aufführung
selbst konfrontiert wird. Schon gar nicht sollte man glauben, einen historischen Streit,
wie bspw. den um "Moses" ein für allemal beenden zu müssen, und zwar so, daß
es danach nie wieder aufgeführt wird. Es hat keinen Sinn, Molique oder Bruch gegen die
"Neudeutschen" ausspielen zu wollen. Unser Musikleben wäre ärmer, gäbe es
nicht einen Wolfgang Riedelbauch, einen Claus-Peter Flor oder auch nicht das DSO.
Nach der Nürnberger Teilaufführung (verzichtet wurde auf die Nummern 5, 8, 9,
17, 21, 22, 26, 28, 29, 30, 31, 32, 33, 34 und 35 - siehe Libretto) wurde die Coburger
Aufführung somit die erste Gesamtaufführung der Neuzeit:
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Coburg -
2000
Exklusiv für die
Internetseiten des Konzertchores hatte der musikwissenschaftlich engagierte, ehrenamtliche
Musikkritiker der "Neuen Presse" Coburg, Rudolf Potyra, eine
Konzerteinführung
Ein vergessenes Meisterwerk
geschrieben. Darin hieß es u.a.:
138 Jahre war es vergessen, dieses Oratorium "ABRAHAM"
von Bernhard Molique, das die Kritik nach der (vermutlich) letzten vollständigen
Aufführung 1862 in Stuttgart in die unmittelbare Nähe von Mendelssohns "Elias"
stellte.
Nun wird der Konzertchor Coburg unter seinem Leiter Leopold Schindler dieses Oratorium am
Sonntag, dem 15. Oktober 2000 in der St. Morizkirche in Coburg zur verdienten
Neuaufführung bringen. Er setzt damit die überaus erfolgreiche Reihe seiner Konzerte
fort, in denen er seit Jahren (fast) vergessene oratorische Werke zu neuem Leben und Glanz
führt. ...
Bernhard
Molique schrieb sein zweiteiliges Oratorium "Abraham" in England. Seine erste
Aufführung erlebte es 1860 beim Norwich Festival. 1861 erschien das Oratorium bei
Breitkopf & Härtel im Druck; zweisprachig - in Englisch und Deutsch. 1862 kam es in
Stuttgart zu einer weiteren Aufführung. Dann verlieren sich die Spuren.
In seinem Oratorium erzählt Molique mit den Worten der Heiligen Schrift die Geschichte
des Patriarchen Abraham, wie sie im Buch Genesis in den Kapiteln 12-22 berichtet wird.
"Selig ist der Mann, der bauet auf den Herrn" - dies ist der Leitgedanke, der
über dem ganzen Werke steht und der in einem machtvollen Chorsatz das Oratorium
einleitet. Dann werden einzelne Szenen aus dem Leben Abrahams dargestellt: Die Berufung
als Stammvater eines großen Volkes, die friedliche Trennung von seinem Bruder Lot und die
Ankündigung, dass seine 90jährige Frau Sara noch einen Sohn - Isaak - gebären wird. Der
erste Teil schließt mit einer ausführlichen und wirkungsvollen Schilderung des
glänzenden Sieges über die vier Könige, die in das Land eingefallen waren.
Der Bund Gottes mit Abraham und die Verheißung, daß er "ein Vater vieler
Völker" sein werde, stehen am Anfang des zweiten Teiles. Von der Zerstörung Sodoms
und der Fürbitte Abrahams für diese Stadt, in der sein Bruder lebt, berichtet ein
weiterer Abschnitt.
Zwei von tragischer Spannung erfüllte Szenen beschließen das Werk. Das ist einmal die
Verstoßung der Magd Hagar und ihres Sohnes Ismael, den Abraham auf das ausdrückliche
Verlangen Saras mit jener gezeugt hat. Nachdem nun Sara einen eigenen Sohn hat, fordert
sie von Abraham, daß er Hagar mit ihrem Sohn in die Wüste schickt; ein Wunsch, der von
uns kaum nachvollziehbar ist.
Ebenso schwer nachvollziehbar und nur als Gleichnis für den Kreuzestod Christi zu
verstehen ist die Prüfung Abrahams. Gott verlangt von ihm, daß er seinen einzigen Sohn
Isaak Gott als Brandopfer darbringe. Abraham gehorcht; aber ein Engel gebietet im letzten
Augenblick der grausamen Prüfung Einhalt. Mit einem gewaltigen Lob- und Dankchor klingt
das Werk aus.
Der Gang der Handlung wird von den Solisten bestimmt. Dabei hat Abraham - ein Bass -
naturgemäß die umfangreichste Partie. Ihm gegenüber treten die anderen Solisten -
Sopran, Alt und Tenor - in den Hintergrund.
Neben 12 Arien, in denen vereinzelt der Chor zu den Solisten tritt, stehen mehrstimmige
Ensembles (zwei Duette und je ein Terzett und ein Quartett).
Der Chor - er wird in 11 wirkungsvoll gearbeiteten Sätzen stark gefordert - kommentiert
das Geschehen, setzt eindrucksvolle Höhepunkte und verleiht dem Werk mit
alttestamentarischer Spruchweisheit einen über den einzelnen Anlaß hinausreichenden
allgemeingültigen Charakter.
Die Musik ist ganz der Romantik verpflichtet und weist Molique als einfallsreichen und
gewandten Komponisten aus. Eine unmittelbar ansprechende Melodik, eine souveräne
Beherrschung aller Satztechniken und eine meisterhafte Instrumentation zeichnen sie aus.
.....
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Konzertchor Coburg
Loh-Orchester Sondershausen
Carolin Schmidt Würzburg (Sopran)
Nora Lentner Coburg (Engel;Sopran)
Elke Ullrich Berlin (Alt)
Girard Rhoden Ulm (Tenor)
Phillip Langshaw Köln (Abraham;Bass)
Franz H. Reichetseder Braunschweig (Bass)
Markus Ewald Rodach (Orgel)
Leitung: Leopold Schindler
Zur Coburger
Aufführung:
Vorbereitung, Durchführung, Reaktionen
Noch einmal die Kette der Aufführungsorte: Norwich,
London, Hamburg, Stuttgart gehen auf Molique selbst zurück wie wir gesehen haben.
Nürberg wurde es 1997, weil Molique dort geboren wurde und seine Jugend verbrachte. Auf
der Suche nach Nürnberger Komponisten stieß Wolfgang Riedelbauch auf ihn. Nur Coburg
scheint keinen historischen Draht zu Molique gehabt zu haben - oder doch? Ein
Vierteljahr nach der Londoner Erstaufführung des "Abraham" reiste der
Sängerkranz zum bis dato größten Sängerfest in die Geburtsstadt Moliques. Und im Jahr
der Stuttgarter Aufführung schlug der Vorstand des Chores dem Schwäbischen Sängerbund
Coburg als Tagungsort für die Gründung eines Deutschen Sängerbundes vor. Aber das sind
eher willkürliche Verbindungen.
Mit Coburg hat Molique einfach Glück gehabt, weil hier beim Konzertchor das Erbe der
"Altdeutschen" gepflegt und wiederentdeckt wird. Schon 1881 kam Mendelssohn hier
mit dem "Paulus" zu Ehren und um die Jahrhundertwende vielfach Max Bruch. Als
Leopold Schindler den Konzertchor übernahm erweckte er die beiden zu neuem Leben und
entdeckte weitere vergessene "Altdeutsche" für die Stadt neu: 1986/Mendelssohn,
1989/E.T.A.Hoffmann, 1991/Bruch, 1992/Mendelssohn, 1996/Reinthaler und 1999/Rheinberger.
In dieser Kontinuität ist auch Molique hier gut aufgehoben.
Vielleicht gibt es nach der Rheinberger-, Bruch- und Lachner-Renaissance irgendwann auch
eine kleine Molique-Renaissance... - dann hätte sich die Wiederbelebung des
"Abraham" nicht nur für die Aufführenden gelohnt:
Die erste vollständige Wiedergabe des "Abraham" nach 138 Jahrenzu
gestaltete sich zu einem großen Erfolg für alle Beteiligten: Orchester, Solisten und
Chor, Organist und Dirigent (Bild). Viele Zuhörer bedankten sich in persönlichen
Gesprächen mit unseren ChorsängerINNEn für das schöne Konzerterlebnis, das ihnen der
Chor vermittelte.
Bleibt zu
hoffen, daß das "Plädoyer für das lange vergessene Werk" (Neue Presse) und
Bernhard Molique nicht ohne Echo verhallt und es von der fünften nachweisbaren
Gesamtaufführung bis zur sechsten nicht noch einmal 138 Jahre dauert.
Doch angesichts der Ignoranz mit der führende
deutsche Massenmedien (Kultursender, Kulturabteilungen der großen Tageszeitungen und
Nachrichtenmagazine), Kultur- und Musikorganisationen (Deutscher Kulturrat, Deutscher
Musikrat, Bayerischer Musikrat, Sängerbünde...), Landeskirchenanstalten,
staatliche und kirchliche Musikschulen, andere Chöre, die Gesellschaft für
Musikgeschichte, Städte, die mit dem Wirken Moliques verbunden waren,... auf die
Email-Ankündigung des Konzertes reagierten (über 200 wurden versandt) stimmt in diesem
Zusammenhang eher bedenklich. Das "Danke für die Info" ist nur einen Mausklick
entfernt, bedarf jedoch auch im Zeitalter des Internets ein Mindestmaß dessen, was
die genannten Adressaten zu vertreten glauben: Kultur!
Gott sei Dank gibt es auch Lichtblicke wie das
Musikmagazin "Cantate", "Lied & Chor", die "Fränkische
Sängerzeitung", das Studio Nürnberg des Bayerischen Rundfunks, den Hans-Sachs-Chor
Nürnberg, den Verlag Breitkopf & Härtel, die Württembergische Landesbibliothek,
Universitätsmusikdirektor Prof. Dr. Konrad Klek Erlangen, Michael Pillip vom Coburger
Onlinemagazin - die allesamt Interesse zeigten und die Arbeit des Konzertchores in
Vorbereitung auf das Konzert auf die eine oder andere Weise unterstützten. Ihnen allen
sei an dieser Stelle noch einmal recht herzlich gedankt.
Und da gibt es auch noch Enthusiasten wie Prof. Viktor Lukas/Bayreuth, den langjährigen
Leiter und Gründer des "Fränkischen Kammerchores" Franz Möckl oder den
ehemaligen KMD Koch/Hildburghausen, die das Konzert besuchten und sich begeistert
und dankbar darüber äußerten. Vielleicht braucht es doch nicht wieder 138 Jahre... -
der Webmaster
Bereits am Morgen danach gab es
unter der Überschrift "Ein wunderbares Konzert" beim Coburger Onlinemagazin 2
Bildserien zum Konzert
(diese findet man unter Cocoa.de im Archiv
unter 15/16.10.00)
Zwei Schreiben erreichten uns unmittelbar nach dem Konzert:
Loh-Orchester Sondershausen:
"Für
den angenehmen Aufenthalt in Coburg und Niederfüllbach möchte ich mich im Namen des
Orchesters noch einmal recht herzlich bedanken.Auch war es eine neue Erfahrung für uns,
dieses Werk kennenzulernen - eine tolle Aufführung!...
Mich würde noch brennend die Anzahl der Besucher interessieren, die dem
"Abraham" lauschten, denn es ist auch für unsere Statistik erfreulich, so ein
gut besuchtes Konzert zu verbuchen, das ist ja leider nicht immer so.
Vielen Dank noch für die Presseberichte, auf die wir alle und besonders Sie mit
Ihrem wirklich beeindruckendem Chor, stolz sein können."
(24.10.00)
Pfr. Michael Schadeberg:
"...
Ich war von der Aufführung sehr beeindruckt und gratuliere dem Chor und dem Chorleiter zu
der großen Leistung. Und ich freue mich, daß dieses Konzert in unserer Morizkirche
stattgefunden hat."
(19.10.00)
Oswald Bill's Worte zur Wiederaufführung von Mangolds "Abraham",
könnten auch für die Coburger Aufführung von Moliques "Abraham" einen
argumentatorischen Schlußpunkt setzen.
"Daß dieses Oratorium... seinen Platz behaupten konnte, verdankt es vor allem seiner
biblischen Textgrundlage. Denn es tritt uns hinter der von jüdischer wie auch von
christlicher Frömmigkeit verehrten Gestalt des monotheistischen Glaubensträgers eine
Persönlichkeit von großer integrierender Kraft entgegen. In einer politisch geprägten
Zeit... bedurfte es kaum eines Hinweises, daß sich in diesen biblischen Geschichten eine
von vielen angestrebte Allianz von Religion und Nation abzeichnet und die überragende
Glaubensgestalt auch im politischen Sinne eine vorbildhafte Leitgestalt darstellt. In
seiner Person fallen politische und religiöse Führerschaft zusammen. Und unter diesem
Gesichtspunkt waren die Zentralgestalten der zeitgenössischen Oratorien austauschbar, sie
mochten Moses oder König David oder auch Bonifatius oder Luther heißen... (alle auch vom
Konzertchor aufgeführt, Anm. Webmaster).
Die Legimitation für die Wiederaufführung wäre aber in Frage gestellt, ließe sich das
Werk nur im politischen Kontext seiner Zeit begreifen. Was es über die Zeiten hinweg
lebensfähig erhält, ist die textliche Vorgabe, der biblische Stoff, der nicht nur
für sich allein bestehen kann, sondern auch als Thema kraftvoll genug ist, sich mit
anderen, die Menschheitsgeschichte begleitenden Fragen zu verbinden. Was Mangold und seine
Zeit an dem Text fasziniert hat, wird zu anderen Zeiten unterschiedlich beurteilt werden
und ist für manche nur noch von historischem Interesse. Die patriotische Begeisterung
beispielsweise hat sich inzwischen wie eine Folie abgelöst. Geblieben ist hingegen das
Moment der Sehnsucht nach einem Aufbruch, sei es im persönlichen oder im weltweitem
Verständnis, nach einer Orientierung, so wie sie Abraham erfahren hatte, nach einer
Einheit von Arbeitswelt und Lebensglück, von Denken und Handeln, von Lebensutopie und
Realität.
In dieser Spannung der auseinanderdriftenden Kräfte besaß und besitzt die Musik eine
wesentliche Funktion. Sie wird zur Vermittlerin einer Lebenseinheit, wenn sie sich
verschließt gegen die ihr mitunter zugedachte museale oder schichtenspezifische
Luxusrolle und sich öffnet gegenüber den Problemen einer Zeit. Und ab dann wird es keine
Frage mehr sein, in welchem historischen Gewand und im Verein mit welchen archaischen
Texten sie einherkommt. Nur: Sie muß entdeckt werden, von jeder Generation neu. Abraham
ist ein Paradigma."
Und passend in diesem Zusammenhang, bezugnehmend auf die unterschiedlichen,
teils negativen Aussagen zum "Moses", schreibt der MaxChor
Düsseldorf: "Soweit das Heftchen. Wenn ich meine Meinung dazu sagen darf:
Wer sich, wie unser Chor, dieses Werk erarbeiten muß, kann ob des Reichtums der
kompositorischen Einfälle für die oben zitierten Kritiken nur wenig Verständnis
aufbringen. Zugegeben heutzutage hätte es auch Elvis schwer, einen Fuß auf die Erde zu
bekommen, aber das heißt noch lange nicht, daß seine Musik nichts taugt."
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Die lokale Presse
wußte ebenfalls diese "Ausgrabung" für die Vestestadt zu würdigen:
"Coburger Tageblatt" - Dienstag, 17.
10. 2000
von Jochen Berger
Wie ungerecht kann das Urteil der
Musikgeschichte eigentlich sein? Verdient tatsächlich jedes Werk, das heute keine
Berücksichtigung in unserem Konzertleben mehr findet, endgültiges Vergessen? Dass gerade
das Musikleben des 19. Jahrhunderts weitaus vielfältiger, stilistisch bunter war, als die
oftmals enge Repertoirauswahl, die heute die Programmzettel dominiert, beweist in Coburg
der "Konzertchor Sängerkranzz" bereits seit vielen Jahren mit Nachdruck.
Nach Werken wie Reinthalers "Jephta und seine Tochter" und Gounods "Mors et
vita", nach Bruchs "Moses" oder Dovráks "Heiliger Ludmila"
erlebte am Sonntag Bernhard Moliques biblisches Oratorium "Abraham" seine
Erstaufführung in der Vestestadt. Diese Coburger Premiere in der Morizkirche, die am Ende
mit ausdauernd begeistertem Beifall gefeiert wurde, war zugleich die erstmalige
Wiederaufführung dieses Werkes nach fast 140 Jahren. Denn die letzte belegbare
vollständige Wiedergabe fand 1862 in Stuttgart statt.
Mit dem Loh-Orchester Sondershausen, einem homogen besetzten Solisten-Sextett sowie Markus
Ewald an der Orgel gelang dem Konzertchor Sängerkranz" unter seinem Leiter Leopold
Schindler ein überaus eindringliches Plädoyer für das lange vergessene Werk. Als ebenso
umsichtiger und mit Überzeugungskraft am Pult agierender musikalischer Anwalt Moliques
agierte dabei Leopold Schindler. Mit sicherem Stilgefühl ließ Schindler hörbar werden,
wie sich in Moliques Oratorium ein oftmals weicher melodischer Gestus mit der Wucht und
bisweilen drastischen alttestatmentarischen Sprache der Textvorlage verbindet.
Natürlich sind in Moliques "Abraham" mancherlei musikalische Vorbilder hörbar,
finden sich auch fraglos Längen und weniger inspirierte Passagen. Vor allem die Anklänge
an Mendelssohn-Bartholdy - die schon bei der Uraufführung des Werkes 1860 beim Norwich
Festival konstatiert wurden - sind unverkennbar und prägen besonders den ersten Teil.
Schon hierbei konnte sich besonders der Chor profilieren, der mit einer Reihe von
effektvoll geformten Sätzen berücksichtigt wird. Vom Einleitungschor ("Seelig ist
der Mann, der bauet auf den Herrn") über die einprägsame Chor-Arie "Herr, mein
Gott! Du hast gezeiget Deinem Knecht Deine Größe und Deine starke Hand" bis zum
Schlußchor des ersten Teiles ("Lobet den Herrn") erwies sich der
"Konzertchor Sängerkranz" als sorgsam einstudierter, sehr konzentriert
agierender, homogen besetzter Klangkörper. Im zweiten Teil schließlich, in dem von der
Zerstörung Sodoms, der Verstoßung der Magd Hagar und ihres Sohnes Ismael und der
Prüfung Abrahams durch Gott die Rede ist, überzeugte der Konzertchor gleichfalls durch
Klangkultur und dynamisch differenzierten, im Ausdruck eindringlich textbezogenen Vortrag.
Das mit unterschiedlich umfangreichen Aufgaben betraute Solisten-Sextett, das ein
Wiederhören mit einigen beim "Konzertchor" bestens bekannten Solisten brachte,
überzeugte durchweg - so die junge Sopranistin Nora Lentner als Engel, der amerikanische
Tenor Girard Rhoden mit schlanker, lyrischer Stimme, die aus Coburg stammende
Mezzosopranistin Elke Ullrich durch gestalterischen Nachdruck und Franz H. Reichetseder
mit sorgfältig geführtem Bass. Besondere Akzente setzte die in Würzburg studierende
Coburger Sopranistin Carolin Schmidt, die sichere Stimmführung mit prägnanter
Textausdeutung und Ausdruckintensität zu verbinden wusste.
In der Rolle des Abraham stand Phillip Langshaw im Mittelpunkt der Aufführung. Der
Bassist, der bereits wiederholt beim "Konzertchor" gastierte, beeindruckte dabei
nicht zuletzt in jenen Passagen, in denen seine deklamatorisch ausdrucksvolle
Vortragskunst sich besonders nachdrücklich entfalten konnte. Zum gestalterischen
Höhepunkt geriet ihm jene Szene, in der Abraham den Befehl Gottes beklagt, ihm seinen
Sohn Isaak als Opfer darzubringen.
Das traditionsreiche Loh-Orchester Sondershausen, das bereits erfolgreich beim
"Konzertchor" gastierte, überzeugte - auch zusammen mit dem stets souverän
agierenden Organisten Markus Ewald - durch klangvoll-homogenes Musizieren.
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"Neue Presse"
Coburg - Dienstag, 17. 10. 2000
von Martin Potyra
Bernhard Molique ist ein Name, der selbst
Musikfreunden mit vertieften Kenntnissen nicht allzu geläufig ist. Er wurde 1802 in
Nürnberg geboren und trat bereits mit sechs jahren öffentlich als Geiger auf. Noch keine
20 Jahre alt wurde er nach München als Concertist und Nachfolger seines Vorgängers
Rovelli gerufen. 1826 ging er nach Stuttgart wo er 23 Jahre lang als Musikdirektor,
Orchesterleiter und Lehrer tätig war. 1849 wechselte er nach London, wo er Professer an
der Royal Academy of Music wurde.
Molique hinterließ ein recht umfangreiches kompositorisches Werk, in dem neben der
Kammermusik und Liedern vor allem seine Violinkonzerte großen Erfolg feiern konnten. Sein
vokales Schaffen gipfelte im Oratorium "Abraham", das seine letzte nachweisliche
Aufführung 1862 in Stuttgart erlebte. Vermutlich war die Coburger Erstaufführung durch
den Konzertchor Sängerkranz am Sonntag in der Morizkirche die fünfte überhaupt.
Molique erzählt in diesem Werk mit altestatmentorischen Worten die Geschichte des
Patriarchen Abraham: Die Berufung als Stammvater eines großen Volkes, die friedliche
Trennung von seinem Bruder Lot und die Ankündigung, dass seine 90-jährige Frau Sara noch
einen Sohn - Isaak - gebären wird. Der erste Teil schließt mit der wirkungsvollen
Schilderung des glänzenden Sieges über die vier Könige.
Der Bund Gottes mit Abraham und die Verheißung, dass er einst Vater vieler Völker sein
werde, stehen am Anfang des zweiten Teiles. Zwei von tragischer Spannung erfüllte Szenen
beschließen das Werk. Es ist die Verstoßung der Magd Hagar und ihres Sohnes Ismael und
die Prüfung Abrahams. Gott verlangt, dass er seinen Sohn Isaak als Brandopfer darbringe,
aber ein Engel gebietet im letzten Moment der grausamen Prüfung Einhalt. Mit einem
gewaltigen Lob- und Dankeschor klingt das Werk aus.
Die Musik ist ganz der Romantik verpflichtet und weist Molique als einfallsreichen und
gewandten Komponisten aus. Eine unmittelbar ansprechende Melodik, souveräne Beherrschung
aller Satztechniken und eine meisterhafte Instrumentierung zeichnet sie aus. Man steht vom
Scheitel bis zur Sohle in ungetrübtem Wohlklang.
Eine geschickte und auch gesanglich voll auf befriedigende Lösung fand Leopold Schindler
bei der Besetzung der Solopartien. Hier stellte er zu den bereits bekannten und bewährten
Kräften, auch neue, junge Stimmen, die ihre erste Bewährungsprobe auf oratorischem
Terrain glänzend bestanden.
Mit der jungen Nora Lentner holte er eine zukunftsträchtige Sopranstimme in das
Solisten-Quartett.
(Anm. Webmaster: Sextett). Sie bewältigte ihre Engel-Partie mit professioneller Sicherheit
und bereits ausgeprägtem Stimmvolumen. Besonders gelang ihr "So sprach der Herr,
Sara, dein Weib soll gebären einen Sohn". Schon etwas erfahrener ist Carolin
Schmidt, die sich mit deutlich gereifter Stimme und beachtlicher Gestaltungskraft
vorstellte. Dies wurde bei "Ich will dich preisen, mein Herr und Gott" besonders
deutlich. Wie die beiden Sopranistinnen ist auch die Altistin Elke Ullrich ein Coburger
Eigengewächs aus dem Gymnasium Albertinum. Sie bestach durch eine zum Teil wahrhaft
dramatische Interpretation ihrer Partie und erklomm für ihre Stimmlage beachtliche
Höhen, wobei die Stimmfülle uneingeschränkt erhalten blieb.
Der Tenor Girard Rhoden schien nicht in stimmlicher Bestform, stand die Aufführung aber
tapfer durch, auch wenn eine Reihe seiner Spitzentöne eher mühsam wirkten. Seine Arie
"Wer ohne Wandel einhergeht" strahlte dennoch textnahe Interpretation aus. Ganz
souverän wirkte der Bassist Phillip Langshaw in der Partie des Abraham. Sein
alttestamentarisches Pathos passte vorzüglich zu seiner Darstellung des Patriarchen und
er ließ es in keiner Sekunde an Fülle und strömenden Linien fehlen, so auch bei
"Herr, mein Gott!".
Die elf Chorsätze wurden vom Konzertchor Sängerkranz mit großer Intensität und
Ausstrahlung wiedergegeben. In den homophonen Passagen strahlte das Vokalensemble absolute
Homogenität aus und in den wenigen Fugen, einschließlich der Schlussfuge "Lobe den
Herrn" war Präzision oberstes Gebot, nicht zu vergessen eine durchgängig optimale
Intonation und beste Aussprache. An den exponierten Stellen griff Markus Ewald an der
Orgel teilweise mehr als machtvoll ein, blieb aber der musikalischen Leitung
hundertprozentig treu.
Das Loh-Orchester Sondershausen überzeugte mit Durchschlagskraft ebenso wie mit
vorzüglichen Leistungen in den solistischen Bläser-Passagen. Hochkonzentriert und mit
absoluter Übersicht hatte Leopold Schindler alle Fäden in der Hand. Feinste Impulse und
inervierte Zeichengebung ließen niemals Abweichungen aufkommen, sodass alle Ausführenden
über mehr als 2 1/2 Stunden eine profunde Leistung erbringen konnten. Dafür bedankten
sich die zahlreichen Zuhörer mit Standing Ovations.
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Wiederentdecktes
Oratorium
Bernhard Moliques "Abraham" in Coburg
aus: Musik & Kirche
Die Geschichte des Patriarchen Abraham, wie sie in Genesis 12-22
berichtet wird, erzählt ein Oratorium des fast vergessenen Komponisten Bernhard Molique
(1802-1869). Diese musikalische Rarität brachte der Konzertchor Sängerkranz Coburg
zusammen mit dem Loh-Orchester Sondershausen im Oktober in der Coburger Moritzkirche zur
Aufführung. Unter der Leitung von Leopold Schindler erlebte das Werk eine viel beachtete
und vom Publikum gefeierte Wiederaufführung.
Seine erste Aufführung erlebte Abraham 1860 in Norwich; 1861 erschien das Oratorium im
Druck und 1862 kam es zu einer zweiten und damit vorerst vermutlich letzten Aufführung.
Bernhard Molique, 1802 in Nürnberg geboren, erregte zunächst als Geigenvirtuose
Aufsehen. Er war unter anderem am Theater an der Wien tätig, später in München, und ab
dem lahr 1826 als königlicher Musikdirektor und Konzertmeister in Stuttgart. 1849
siedelte er nach London über und wurde 1861 zum Professor für Kompositionslehre an der
Royal Academy of Music ernannt. Molique starb im jahr 1869 in Cannstatt bei Stuttgart.
Mit einer mächtigen Orchestereinleitung und einem von strahlend vollem Blechklang
gestützten Chorsatz beginnt die Schilderung: "Selig ist der Mann< der bariet auf
den Herrn" steht gleichsam für einen Leitgedanken des Werkes, welches einen
Großteil seiner dramatischen Attraktivität aus den bewegenden Szenen der
altestamentlichen Geschichte Abrahams schöpft. Besonders eindrucksvoll gelingt dies
Molique in der effektvollen Schilderung des Sieges Abrahams über die vier fremden
Könige, die in das. Land eingefallen waren. "Macht aus euren "Pflugscharen
Schwerter" lautet Abrahams Appell im Rezitativ, dem ein geschickt gesetzter
Wechselgesang zwischen Bass und Chor folgt, zeitweise ins Groteske übersteigert mit der
Zeile "Zertritt die Feinde uns, vernichte ihre Kraft". Der erste Teil endet mit
einem von Trompetenfanfaren eingeleiteten Triumphmarsch und dem prachtvoll gesetzten
Chorsatz "Lobet den Herrn".
Eine düstere Stimmung herrscht im zweiten Teil vor, wenn von der Zerstörung der Stadt
Sodom berichtet wird. Gesteigerte Dramatik erfährt die Inszenierung hier durch den
Wechselgesang Abrahams mit dem Engel Gottes, in der er quasi um die gerechten Seelen in
der Stadt feilscht.
In den Szenen des letzten Teils - der Verstoßung der Magd Hagar und des gemeinsamen
Sohnes Ismael sowie in der Prüfung Gottes, Abraham solle seinen Sohn Isaak als Brandopfer
darbringen - wird endgültig ohrenfällig, wie gut sich der Stoff des Abrahan für
Moliques meisterhaft instrumentiertes und souverän gesetztes Werk eignet. Hier wie in dem
gewaltigen Lob- und Dankchor, mit dem das Werk ausklingt, zeigen sich die Stärken von
Moliques ganz der Romantik verpflichteten Komposition.
Lob und Dank gebührt ebenso dem Konzertchor Sängerkranz in Coburg, der sich an dieses
vergessene Meisterwerk gewagt hat, von dem bis heute keine Einspielung auf Tonträger
existiert. Unter der sicheren Hand Leopold Schindlers zeigte das Ensemble, dass es der
schwierigen Komposition gewachsen war und erntete gemeinsam mit dem stark geforderten
Loh-Orchester aus Sondershausen minutenlangen Applaus. Als Solisten überzeugten Phillip
Langshaw (Bass) als Abraham, in den anderen Basspartien Franz Reichetseder, der Tenor
Girard Rhoden, die Sopranistin Carolin Schmidt, die Altistin Elke Ulrich und als
Entdeckung des Abends die erst vierzehnjährige Nora Lentner in der Sopranpartie des
Engels.
Bernd J. Frittrang
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Bilder rund ums
Konzert ....
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