Von Jochen Berger - Coburger Tageblatt
MUSIK | Wie der Kammerchor Coburg und das Duo "Piano con Voce" auf den Spuren von Theo Mackeben und Walter Kollo wandeln.
Mönchröden - Leopold Schindler ist ein Klangbeschwörer. Wenn er vor seinem Chor steht, dem Kammerchor Coburg, wird der Dirigent zum Musik-Former. Sein Mund, sein ganzes Gesicht, seine Hände formen den Klang regelrecht. Musizieren, das ist für Schindler nie nur das bloß präzise Übersetzen von Notentexten in Klang. Musizieren wird bei Schindler zur künstlerischen Form von Beschwörung.
An glücklichen Konzerttagen entfaltet dieses Musizieren eine Sogwirkung, der sich kaum jemand entziehen kann, sein Kammerchor schon gar nicht. Dann wird der Chor regelrecht zum Instrument, mit dem der Chorleiter musiziert, wie am Sonntag bei einem Frühlingskonzert im Refektorium des ehemaligen Mönchrödener Klosters.
"Mein kleiner grüner Kaktus"
Der Kammerchor Coburg besteht inzwischen 15 Jahre - 15 Jahre, in denen Chor und Chorleiter eine geradezu selbstverständlich anmutende Art des Musizierens entwickelt haben. Bei vielen Stücken an diesem Nachmittag entsteht der Eindruck, als würden sich Schindlers Dirigierbewegungen, seine Mimik und Gestik ganz unmittelbar in Klang verwandeln.
"Veronika, der Lenz ist da" dieser "Comedian Harmonists"-Titel liefert das Motto für eine Programmfolge zwischen Walter Kollo und Peter Kreuder, die trotz ihrer Länge von pausenlosen zwei Stunden stets kurzweilig bleibt.
Selbst gewagte agogische Veränderungen werden vom Kammerchor scheinbar mühelos aufgenommen und reaktionsschnell umgesetzt. "Frühling in Sorrent", "Bel Ami" oder "Mein kleiner grüner Kaktus" - der Kammerchor demonstriert seine Stilsicherheit im vermeintlich leichten Genre geradezu beiläufig. Textverständlichkeit ist bei diesem Chor ebenso selbstverständlich wie die Fähigkeit, melodische Bögen stets lebendig atmen zu lassen.
"Ich küsse Ihre Hand, Madame''
Der Kammerchor teilt sich das Programm an diesem Nachmittag mit dem Duo "Piano con Voce". Uwe Beckmann, der singende Teil dieses Duos, ist stolzer Besitzer eines schlanken, gut geschulten Baritons, der bestens geeignet ist, Lieder der 20er und 30er Jahre beachtlich stilsicher zu interpretieren.
Immer dann, wenn er im Parlando-Tonfall den singenden Charmeur gibt, zieht Beckmann sein Publikum besonders intensiv in Bann. "Benjamin, ich hab' nichts anzuziehn", "0 Dona Clara" oder "Ich küsse Ihre Hand, Madame" - Beckmann trifft den besonderen Tonfall und Gestus dieser Lieder scheinbar selbstverständlich. Ebenso stilsichere Begleiterin am E-Piano: Bettina Mundt.
Passender Ausklang, den Duo und Kammerchor gemeinsam intonieren: Peter Kreuders "Sag beim Abschied leise Servus".